18. Dezember 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Flausen im Kopf

INSPIRATION: Dem Handwerksberuf mangelt es an Ansehen im sozialen Umfeld, sagt eine Expertin. Ein Ausdruck des mangelnden Ansehens ist die Erfahrung, dass vielfach ein Studium als ideal angesehen wird und eine Ausbildung eher als Notlösung. Die Konsequenz: Überall hapert es an Personal. Wer sich damit nicht abfinden möchte, der muss erfinderisch sein. Und wie so oft hat die Brand eins schöne Beispiele entdeckt, wie Unternehmen an die gesuchten Fachkräfte kommen (Rette uns, wer kann).

Da ist der Malerbetrieb, der eines Tages eine Einladung der Handwerkskammer zu einem Besuch im Gefängnis bekam. Dort nämlich werden Menschen in 15 verschiedenen Berufen ausgebildet. Die Chefin folgte der Einladung, stellte fest, dass sie als einzige ihrer Zunft angetreten war und entdeckte Arbeitsproben eines jungen Mannes, die sie begeisterte. Der Rest ist Geschichte: Sie stellte den Handwerker ein, der damit nicht nur einen Arbeitgeber, sondern sogar eine Ersatzfamilie fand.

Da ist die Bäckerei, deren Chef sich überlegte, wie er denn wohl gerne arbeiten möchte. Und dann als erstes die Nachtarbeit strich. Das ging, weil er den Teig nun am Vortag herstellt und nachts kühl lagert – was ihn wegen der Energiekosten viel Geld kostet. Außerdem führte er Betriebsferien für alle ein und zahlt Gehälter deutlich über dem Schnitt der Branche. Wie das funktioniert? Nun, seine Standorte liegen dort, wo mehr Geld beheimatet ist. Aber er hat auch den Mut, der Feststellung, dass Menschen nun mal schon um 6:00 Uhr ihre Brötchen haben wollen, zu widersprechen. Klar, dass er deutlich mehr Bewerbungen als andere Bäcker erhält.

Da ist die Dachdeckerei, die die 4-Tage-Woche einführte, ihren Mitarbeitenden also am Freitag frei gibt, dafür die übrigen Tage allerdings 10 Stunden arbeiten lässt. Der Vorteil ist nicht die gestiegene Attraktivität als Arbeitgeber, sondern man stellte auch fest, dass es ökonomische Vorteile gibt. Nun muss man das ganze Gerät nur noch viermal pro Woche auf die Dächer schleppen. Der Chef ignoriert die Haltung der Kollegen, dass er damit den Beschäftigten nur Flausen in den Kopf setze.

Vorbildlich?

Ich finde bei allen Beispielen einen Aspekt interessant: Die Kunden müssen dabei mitspielen. Es würde dem Bäcker ja wenig helfen, wenn er seine Brötchen erst ab 8:00 Uhr anbietet, aber bis dahin alle Kunden sich schon bei der Konkurrenz versorgt haben. Oder die Bauunternehmer erwarten, dass auch freitags am Dach gewerkelt wird.

Soll heißen: Wie schaffen es Unternehmen, gleichermaßen für Beschäftigte und Kunden attraktiv zu sein? Da dürfte Unternehmenskommunikation eine große Rolle spielen. Und natürlich die Qualität der Dienstleistung oder Produkte. Das Gesamtpaket muss stimmen. Die dargestellten Lösungsansätze dürften daher kaum so einfach auf andere Betriebe übertragbar sein. Allerdings könnten sie Mut machen, einfach neue Dinge auszuprobieren und nicht an alten „Gewissheiten“ festzuhalten.

Botschafter für ihr Handwerk

Drei weitere Beispiele, wie Menschen mehr aus ihrem Handwerk machen (Die Botschafter). Sie betätigen sich als Influencer für selbiges. Da ist der Tischler, der in Tutorials auf Youtube zeigt, wie man Dinge aus Holz herstellt, und das auf humorige Art und Weise. Oder Gipser Felix, ein Stuckateur, der Handwerksszenen nachstellt und dabei auch die Nachteile wie zum Beispiel die partriarchalische Kultur in vielen Betrieben auf die Schipper nimmt.

Oder die Dachdeckerin, die ihren Alltag zeigt, wie er ist und damit auch Frauen demonstrieren will, dass man sich in typischen Männerberufen behaupten kann. Und dazu noch jede Menge Geschichten in einem eigenen Podcast erzählt (Baustellenbeichten).

Weniger schön: Sie erleben auch das, womit man in sozialen Medien offenbar leben muss: Anfeindungen – sei es weil es Menschen nicht gefällt, wie der Tischler mit Holz umgeht oder einfach, weil Frauen offenbar mit frauenfeindlichen Kommentaren rechnen müssen. Bitter.

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