Der digital Leader soll vor allem in der Lage sein, sich in den sozialen Netzen zu tummeln. Naja, das stimmt so vielleicht nicht ganz, unter dem Begriff wird – wie immer bei neuen Konzepten – alles Mögliche verstanden, was heutzutage so angesagt ist. Aber egal: Wer nicht digital vernetzt ist, der dürfte bald isoliert sein. Wenn man den Propheten glauben soll.
Aber nun gibt es immer mehr Kritiker, die auf die Gefahren des „ständig online Seins“ aufmerksam machen und vor den Risiken der „Captology“ (Computer Aided Persuasive Technology) warnen. Ein schöner Vergleich in der Brand eins (Am Haken): Auf Fotos aus den 60er Jahren sieht man viele rauchende Menschen, für manch einen 20jährigen von heute ein seltsamer Anblick. Werden sich später Menschen wundern, warum auf so vielen Fotos von heute Menschen ihren Blick starr auf einen kleinen Bildschirm gerichtet haben?
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Aber mal abgesehen davon, dass Autofahrer beim „Whatsappen“ schwerwiegende Unfälle verursachen und Fußgänger vor Laternenpfähle laufen – die Gefahren lauern auch an anderen Stellen: Die Apps bzw. ihre Entwickler schaffen es, uns süchtig zu machen. Wir greifen praktisch automatisch zum Smartphone, so wie früher zur Kippe. Die Techniken sind gar nicht mal subtil:
„Kleine Design-Elemente“ zwingen uns zum Klicken oder Wischen. Ein Hinweis, dass eine neue Nachricht eingegangen ist, ein roter „Knubbel“, dass ein neuer Eintrag erfolgte, eine Push-Mitteilung, dass uns jemand ein Like geschenkt hat. Auch clever (und wir merken es nicht mal): Der Zeitstempel neben einer Nachricht, die uns erreicht hat, macht uns darauf aufmerksam, dass wir schon länger nicht geantwortet haben – nun aber schnell.
Das Modell dahinter nennt sich „Hooked Model“: 1. Trigger, 2. Aktion, 3. Belohnung, 4. Investition. Die kleinen Hinweise sind die Trigger, wir reagieren mit einem Klick (Aktion) und werden mit einer neuen Information belohnt. Dafür bezahlen wir mit den Datenspuren, die wir hinterlassen, so dass wir bald darauf die passende Werbung erhalten.
Das funktioniert, weil das unmittelbare Belohnen uns in einen kleinen Rauschzustand versetzt. „Unmittelbares Feedback, die sofortige Belohnung sind der Treibstoff für Süchte.„
Eine andere Quelle ist unsere Sehnsucht nach Anerkennung. Das machen sich die Netzwerke zunutze, indem sie uns anzeigen, wie viele Menschen unmittelbar, nachdem wir etwas eingestellt haben, den Beitrag angeschaut, „geliked“ oder gar weitergeleitet haben. „Wir versuchen uns in Metriken zu übertreffen„. Das sind Statussymbole, mindestens so wirksam wie das große Auto vor der Tür, aber sie wirken bei jeder einzelnen Nachricht, die wir absetzen. Welchem Stress setzen wir uns da aus?
Es gibt offenbar Ansätze, solche Mechanismen zu bekämpfen. Ein Plug-in sorgt dafür, dass bei Facebook die Anzahl der Likes ausgeblendet werden. Oder eine Software, die uns fragt, wie viel Zeit wir täglich auf welcher Plattform verbringen möchten und uns dann warnt, wenn die Zeit abgelaufen ist. Damit könnte man zumindest mal daran erinnert werden, was man so grade treibt.
Oder eines Tages werden so viele Süchtige existieren, dass staatliche Verbote unseren Medienkonsum einschränken – so wie heute Tabakwerbung verboten wird. Ob es dazu kommt?