INSPIRATION: Soll ich die neue Herausforderung angehen? Den Job wechseln? Die Chance ergreifen? Gehe ich das Risiko ein, dass ich die Entscheidung später bereue? Oder bleibe ich und trauere der verpassten Gelegenheit hinterher? Es gibt wohl Menschen, die sich mit Karriereentscheidungen leichter tun, andere zögern eher, grübeln, wägen ab und lassen die Gelegenheit verstreichen.
„Karrierebezogene Untätigkeit“ nennen das die Fachleute. Man schiebt die Entscheidung auf, bis der Moment vorüber ist und ist dann sogar dankbar nach dem Motto: „Jetzt ist es eh zu spät.“ „Besser nichts tun, als das Falsche tun“, lautet vielfach die Devise (Vom ungelebten Leben), was ja Unsinn ist. Denn Nichts tun ist ebenfalls eine Entscheidung und kann ja auch das Falsche sein.
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Es gibt ein gutes Argument für den Verbleib in der aktuellen Position: Man kennt sie und weiß genau, was dort von einem erwartet wird. Die Alternative ist immer vage, offen, ungewiss. Lieber der Spatz in der Hand … Zu dumm allerdings, dass man sich immer auch vorstellen kann, wie toll diese ungewisse Zukunft sein könnte. Die Sicherheit auf der einen, der bekannten Seite, ist gleichzeitig auch langweilig.
Der Spatz in der Hand …
Es gibt eine Reihe von Erklärungen, warum wir uns so schwer tun mit Entscheidungen, die unsere Karriere betreffen. Sie helfen aber nicht unbedingt, um diese Entscheidungen leichter zu machen. Was mir bei der Lektüre des Beitrags der Wirtschaftswoche aber klar geworden ist: Das wahre Unglück geschieht erst nach der mehr oder weniger bewusst getroffenen Entscheidung für den Verbleib auf der aktuellen Stelle: Wir trauern der verpassten Gelegenheit hinterher und malen uns aus, was wohl alles passiert wäre, hätten wir uns doch bloß getraut. Und die Variante, gegen die ich mich entschieden habe, lässt „jede verbleibende Möglichkeit als zweite, dritte Wahl erscheinen“.
Das soll häufiger der Fall sein als umgekehrt – dass Menschen, die einen mutigen Schritt gegangen sind, diesen später bereuen und sich wünschen: „Wäre ich doch bloß geblieben.“ Doch der Schritt in ein unbekanntes Feld ist auf jeden Fall ein Wagnis, und niemand kann wissen, was daraus geworden wäre. Soll heißen: Wenn ich bleibe, dann mache ich mir klar, dass es in diesem Moment einen oder mehrere gute Gründe gegeben haben muss, sonst hätte ich ja den anderen Weg gewählt. Es ergibt keinen Sinn, damit zu hadern, sich Vorwürfe zu machen, die eigene „Feigheit“ zu verfluchen.
Mal ganz praktisch
Ich bekomme das Angebot, in ein Start-up einzusteigen, meinen sicheren Job gegen den in einem möglicherweise aufregenden und sogar supererfolgreichen Unternehmen einzutauschen. Ich entscheide mich für die sichere Variante und bleibe. Und es stellt sich heraus, dass das Start-up mich zum Millionär gemacht hätte. Dass man dann dieser Chance nachtrauert, ist verständlich, andererseits: Wäre die Geschichte genauso gelaufen mit mir an Bord? Und wäre ich mit den Millionen glücklich geworden?
Umgekehrt: Das Start-up geht den Bach hinunter, die Gründer sind hoch verschuldet. Da werde ich natürlich denken: Gott sei Dank, dass ich damals nicht mitgemacht habe. Aber wäre das mit mir auch so gewesen? Und hätte ich nicht vielleicht durch diesen Schritt noch eine ganz andere Gelegenheit bekommen, eine noch viel größere Chance?
Es wäre also viel besser, zu der Entscheidung zu stehen, ganz gleich, welche Informationen mich später erreichen. Und sich zu sagen: In der gegebenen Situation war es auf jeden Fall die richtige, beim nächsten Mal mag das anders sein.