21. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Der innere Diktator

INSPIRATION: Unser Gehirn fällt ungemein schnell Urteile, es analysiert ständig, bewertet und schlägt uns Lösungen vor. Diese beruhen auf Verknüpfungen zwischen verschiedenen Erfahrungen und tun uns oft nicht gut. Wir sollten dem „inneren Diktator“ nicht blind folgen, sondern Distanz zu unseren Gedanken gewinnen. Und das nicht erst, wenn es uns schlecht geht. Das Konzept des amerikanischen Psychologen Steven Hayes nennt sich ACT (Akzeptanz- und Commitment-Therapie), er ist angeblich einer der meistzitierten Psychologen der Welt.

Worum geht es? Um „psychische Flexibilität“ als Fähigkeit, zu einem erlebten Moment in Kontakt zu kommen, unsere auftretenden Gedanken zu reflektieren und dann bewusst zu entscheiden, ob wir unser Verhalten verändern oder beibehalten wollen. Klingt anspruchsvoll, und deshalb muss es auch geübt werden. Wenn wir erst mal in einer Krise stecken, wird es noch schwieriger, das wäre so, als beginnen wir mit dem Joggen, wenn uns der Herzinfarkt ereilt hat („Das Gehirn ist eine Plaudertasche“).


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Das Problem mit unserem Gehirn ist, dass es praktisch aus allem lernt. Es verknüpft ständig Wahrnehmungen und zieht daraus seine Schlüsse. Es müssen keineswegs konkrete Erlebnisse sein, sondern auch Worte und Sätze. Sagt uns also jemand in unserer Kindheit, dass die Welt gefährlich ist und wir immer auf Nummer sicher gehen sollten, dann speichert es diese Botschaften als real. Es „kann nur schwer die Quelle von Informationen erkennen.“ Die Verknüpfungen können auch nicht gelöscht werden, sondern sind für immer abgespeichert. Sie tauchen in allen möglichen Situationen wieder auf.

Gedanken und Gefühlen nicht blind folgen

Aber das, was uns das Gehirn einredet, ist eben nur eine von vielen Möglichkeiten zu denken und zu handeln. Also brauchen wir Mittel und Wege, Gedanken und Gefühle anzunehmen, aber ihnen nicht blind zu folgen, sondern erst einmal Abstand zu gewinnen. Im Interview erklärt der Psychologe, der 44 Bücher geschrieben hat, wie das funktionieren kann.

Indem man zum Beispiel seinem Gehirn einen Namen gibt. Wenn es zu uns spricht (und das tut es ständig), können wir auch mit ihm reden, da hilft so ein Name: „Danke, Richard, dass du mich an meine Vergangenheit erinnerst.“ Um dann das zu tun, was man in der jeweiligen Situation für richtig hält. Um bei dem Beispiel „Sicherheit“ zu bleiben: Das Gehirn warnt uns davor, einen ungeliebten Job zu kündigen, weil wir keine Sicherheit haben, ob der neue Job besser wird. Dann hören wir zu, aber knien nicht nieder und befolgen alles, sondern bedanken uns für den Rat und entscheiden uns dann bewusst für oder gegen die Kündigung. Das Ansprechen des Gehirns mit einem Namen sorgt für die nötige Atempause, um eine Wahl treffen zu können.

Das mit dem Namen ist nur ein Tipp von mehreren. Eine anderer lautet: Wir suchen einen Ort auf, an dem wir ungestört sind, und sagen 30 Mal in 30 Sekunden das Wort „Sicherheit“. Vielleicht mit einer Kinderstimme, um zu schauen, ob das Gefühl auf unsere Kindheit zurückgeht. Oder Sie singen den Satz „Ich brauche Sicherheit“ nach der Melodie eines Lieblingsliedes. Das hilft, sich von dem Gedanken zu distanzieren.

Psychische Flexibilität für Teams

Ganz interessant sind auch die Hinweise für die Arbeit mit Teams oder für Führungskräfte. Letztere sind ja darauf dressiert, ständig Lösungen zu produzieren – vergleichbar mit unserem Gehirn. Auch sie könnten viel für die psychische Gesundheit von Teams tun, wenn sie diese Fähigkeit zum Innehalten trainieren würden. Auch dazu gibt es Tipps: Ein Meeting mit einer kleinen Achtsamkeitsübung beginnen. Zeit in Besprechungen einrichten, in der jeder zu Wort kommt, wo auch über Ängste und Gefühle geredet werden darf. Ganz wichtig: Meinungen sollten man stehen lassen und der Versuchung widerstehen, sofort gegen zu halten und die eigene Ansicht durchzusetzen.

Das wäre ein Fortschritt, oder? Chefs, die in der Lage sind, eine Beobachterperspektive einzunehmen. Die nicht sofort werten und beurteilen, sondern in der Lage sind, auch andere Aspekte zuzulassen als zum Beispiel reine Leistungskennzahlen. Dazu führt Hayes eine Studie mit Hühnern an. Man bildete zwei Gruppen: In der einen durften sich nur diejenigen Hühner fortpflanzen, die viele Eier legten, in der anderen alle. Nach fünf Generationen zeigte sich ein deutlicher Unterschied: Die zweite Gruppe war deutlich produktiver, in der ersten pickten sich die Hüher gegenseitig zu Tode. Man braucht eben auch die „Peacekeeping-Hühner“, die wenige Eier legen, aber wichtig für den Zusammenhalt sind.

So etwas im Team zu erkennen, braucht eben die Fähigkeit, sich zurückzunehmen und verschiedene Aspekte in Betracht zu ziehen. Und diese Fähigkeit will trainiert werden. Klingt nach einem Stück harter Arbeit – die sich lohnt.

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