21. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Gemeinsames Baby

INSPIRATION: Viele große Unternehmen haben eigene Start-ups gegründet – mit der Idee, dass die Mitarbeiter dieser „Schnellboote“ frei von Konzernzwängen die ultimativen Ideen entwickeln und zügig auf den Markt bringen. Aber ist das logisch und sinnvoll?

In der Brand eins erklärt Thomas Ramge in der Serie „Der Sinn des Unternehmens“, worum es bei einem Start-up eigentlich geht (Wachstum um jeden Preis). Beziehungsweise was es von anderen Gründungen unterscheidet. Die Sache läuft so ab: Der Gründer hat eine Idee, mit der er (in der Regel mit digitaler Technologie) den Markt aufmischen will. Am Anfang steht ein Prototyp, ein „Minimal Viable Product“, mit dem er testet, ob die Idee funktioniert.

Das alles finanziert er in der Regel mit Eigenmitteln. Ist der Testballon erfolgreich, gibt es nur noch ein Ziel: Ganz viel Geld einsammeln, um ganz schnell ganz groß zu werden. Langsames, organisches Wachstum kommt nicht in Frage, zu groß ist die Konkurrenz und die Zahl der Nachahmer. Das große Geld bekommt er auch nicht bei der Bank, sondern bei Wagniskapitalgebern, dafür tritt er ihnen Anteile an seiner Firma ab.

Er muss auch deshalb ganz schnell wachsen, um den nötigen Umsatz zu erzielten, ansonsten muss er weiteres Geld aufnehmen und noch mehr Anteile abgeben. Das tut weh, denn damit sinkt seine Belohnung, wenn das Unternehmen verkauft wird. Anders als der klassische Unternehmer will er nämlich nicht vererben, sondern veräußern, „der schnelle Exit ist Teil des Paktes, den der Gründer mit dem Wagniskapitalgeber schließt.

Dass der Gründer damit zwar nicht vom Arbeitgeber, aber vom Kapitalgeber abhängig wird, ist die Kehrseite der Medaille – erst wenn er Kasse macht, ist er wieder unabhängig.

Noch ein Phänomen: Viele Mitarbeiter von Start-ups engagieren sich bis zur Selbstaufgabe. Nicht weil sie am späteren Reichtum teilhaben, sondern weil sie Teil von etwas Neuem, noch nicht dagewesenen sind. Man fühlt sich, als bringe man gemeinsam ein Baby zur Welt. In Start-ups sind ihre Ideen und Beiträge gefragt, dort ist in der Regel alles willkommen, was das junge Unternehmen nach vorne bringt. Etwas, das in Konzernen eher unbekannt ist. Dass sie dabei ausgebeutet werden, ist wiederum Teil des Paktes, den sie mit dem Gründer schließen.

Irgendwann, wenn das Start-up erwachsen geworden ist, kann es durchaus auch zum „normalen Unternehmen“ werden. Was man daran erkennt, dass es „vom Jäger zum Gejagten wird.“ Dann beginnt es, andere Unternehmen aufzukaufen und wird selbst zum Konzern.

Was bedeutet das für die „Konzern-Start-ups“? Mag sein, dass sich hier die Mitarbeiter auch als Teil von etwas Besonderem fühlen. Aber woher soll dieses unbändige Engagement kommen? Die Motivation, die dem Gefühl entspringt, etwas Eigenes zu schaffen mit der Aussicht auf den ganz großen Erfolg? Wer so von seiner Idee überzeugt ist, dass er Kapitalgeber gewinnen kann, große Summen in sein Projekt zu stecken – warum sollte er bei einem Konzern „andocken“?

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