INSPIRATION: Das ist ungewöhnlich: Bei Premium Cola kann jeder, der einmal ein Getränk des Unternehmens getrunken hat, an Entscheidungen mitwirken. Möglich macht das ein Online-Verfahren, das auf dem Konsent-Prinzip beruht. Beschlussvorschläge werden akzeptiert, wenn niemand Nein sagt.
Die Idee ist ja nicht neu: Statt zu fragen, wer für einen Vorschlag ist, wird geschaut, ob alle mit ihm irgendwie leben können. Läuft darauf hinaus, dass etwas nur dann nicht gilt, wenn jemand ein Veto anmeldet (Konsententscheidungen).
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Bei Premium Cola gibt es laut Interview mit dem Gründer (Einfach mal starten) drei Arten von Entscheidungen: Einzelentscheidungen, die den eigenen Arbeitsplatz betreffen, die trifft jeder selbst, informiert aber auch diejenigen, die noch davon betroffen sind. Dann gibt es Gruppenentscheidungen, die die jeweilige Gruppe betreffen. Und es gibt „Gesamtentscheidungen, die im Kollektiv getroffen werden“.
3 Arten von Entscheidungen
Letztere sind spannend, denn hier nutzt man die Möglichkeiten der Technik. Die Vorschläge werden online bekannt gegeben und dann hat praktisch jeder ein Veto-Recht. Die Konsequenz ist, dass man sich gut überlegen muss, wie man einen Vorschlag formuliert, so dass er überhaupt eine Chance hat. Nach den Erfahrungen wird da sehr verantwortungsvoll mit umgegangen, auch mit einem Veto, das nur selten eingebracht wird. Und wenn, dann ist das nicht das endgültige Aus für einen Vorschlag, er wird dann noch einmal verändert und geht dann oft durch.
Die Befürchtung, dass man auf diese Weise immer nur Dinge durchbringt, bei denen man den kleinsten gemeinsamen Nenner gefunden hat, können die Interviewten nicht bestätigen. Man habe einige „knackige Dinge“ entschieden, z..B. dass man keine Gewinne erzielen will, keine Werbung macht, Antimengenrabatte für kleine Händler gewährt.
Mehrere Erfahrungen mit dieser Entscheidungskultur finde ich höchst interessant, weil mich das selbst ständig beschäftigt: Die Aufteilung in Einzel- und Gruppenentscheidungen klingt logisch. Aber wo gibt es Dinge, die wirklich und ausschließlich den einzelnen Arbeitsplatz oder die Gruppe allein betreffen? Tatsächlich erzählt Anna-Lilja Moll, dass man in Gruppen durchaus überlegt, ob eine Entscheidung nicht doch in das Kollektiv gehört. Am Anfang habe man „viele kleinste Entscheidungen mit allen besprochen“.
Es muss sicher einiges an Vertrauen aufgebaut werden, bis Teams sich trauen, Entscheidungen zu treffen, ohne sich diese von allen absichern zu lassen. Aber es ist offenbar machbar. Und es braucht Zeit, und je größer eine Organisation wird, umso mehr Zeit.
Es gibt noch die hierarchische Pyramidenstruktur
Auch ganz interessant: Bei Premium-Cola gibt es durchaus noch die hierarchische Pyramidenstruktur, die in einer Krise helfen soll, schnelle Entscheidungen zu treffen. In den letzten 17 Jahren sei das erst dreimal passiert, aber genau für solche Fälle sei es wichtig.
Und schließlich noch etwas zur Qualität der Entscheidungen. Die Erfahrung zeigt, das Menschen in der Lage sind, Lösungen zu finden, die Einzelne so nie gefunden hätten. Vor allem aber: Wenn ein Beschluss ohne Veto angenommen wurde, dann wird er viel schneller und konsequenter umgesetzt als es in vielen hierarchischen Organisationen der Fall ist. Außerdem benötigt man weniger Bürokratie. Teams klären untereinander Urlaubszeiten und Vertretungen, da braucht es keine Personalabteilung, die solche Dinge regelt. Ein ziemlich aufschlussreiches Experiment, das offenbar schon viele Jahre funktioniert.