3. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

5-Stunden-Tage

INSPIRATION: Das Ergebnis zählt, nicht die Arbeitszeit, liest man immer dann, wenn gerade mal wieder Unternehmen ihren Mitarbeitern freistellen, wann, wo und wie lange sie arbeiten. Nun lesen wir von Firmen, die die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter deutlich reduzieren, aber die gleiche Leistung erwarten. 

Die Idee ist, dass niemand wirklich acht Stunden am Tag durcharbeitet. Wir haben ständig Unterbrechungen, Wartezeiten, kleine Ablenkungen, Plaudereien am Arbeitsplatz, die zudem noch dazu führen, dass es immer wieder eine Weile dauert, bis wir wieder produktiv sind. Mehr noch: Bei einer Wochenarbeitszeit von bis zu 60 Stunden stagniert die Arbeitsleistung (im Gegensatz von einer Zeit zwischen 30 und 50 Stunden), ab 65 Stunden ist die Leistung sogar rückläufig (Länger arbeiten braucht kein Mensch).

Gelänge es, die am Arbeitsplatz verbrachte Zeit deutlich effizienter zu nutzen – warum sollte man dann nicht das gleiche Pensum in fünf statt in acht Stunden schaffen? Unternehmen wie die Agentur Rheingans Digital Enablers oder Tower (ein Hersteller von Paddle Boards) experimentieren mit solchen Modellen, bis jetzt scheinen sie gute Erfahrungen damit zu machen (Kann weniger mehr bringen?).

Wobei sie aber nicht einfach nur sagen: „Es geht los um 8 Uhr, um 13.00 Uhr ist für alle Feierabend.“ Sie sorgen dafür, dass die Meetings kürzer und effizienter ablaufen, dass nicht ständig E-Mails und Textnachrichten abgerufen werden und dass es komplette Phasen für ruhiges Arbeiten gibt, in denen auch die Kollegen nicht gestört werden sollen.

Vielleicht muss man einmal mit ein paar Missverständnissen aufräumen. Ich erinnere mich an Zeiten, in denen die einen (Tarifmitarbeiter) nach Arbeitszeit bezahlt wurden, Führungskräfte hingegen für das Ergebnis. Man erwartete einfach, dass sie ihren Job machten und verlangte dafür keine Zeitkontrolle. Indirekt allerdings war schon klar, dass Anwesenheitspflicht bestand, und das deutlich oberhalb der 40 Stundenwoche. Ich bin schon länger aus dem Konzerngeschehen raus, aber so viel anders dürfte es heute wohl immer noch nicht zugehen, oder?

Dann hieß es auf einmal: Wir führen Vertrauensarbeitszeit ein. Gemeint war, dass niemand mehr eine Stempeluhr bedienen musste, sondern seine Arbeitszeit selbst kontrollierte. Auch hier geht es nach wie vor darum, seine Arbeitszeit dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen – mit dem Risiko, dass der eine oder andere vielleicht weniger Stunden arbeitete, andere
aber deutlich mehr als die Stunden, für die sie bezahlt wurden. Weil die Botschaft nach wie vor lautete: Wichtig ist das Ergebnis, die Zeit interessiert uns weniger.

Was natürlich nicht wirklich stimmt. Es ging immer darum, eine bestimmte Leistung innerhalb einer vorgegebenen Zeit zu bewältigen. Was ja auch problematisch ist: Denn wenn der eine Mitarbeiter eine Aufgabe zügig bearbeitet, der andere in der gleichen Zeit aber deutlich weniger schafft – erwartet man dann vom ersteren ein besseres Ergebnis oder vom zweiteren mehr Stunden, um auf das gleiche Ergebnis zu kommen?

Am Ende hat Andreas Hoff (Vertrauensurlaub statt Urlaubs-Flatrate!) wohl Recht : Das einzige, was wir einigermaßen messbar im Tausch gegen das Gehalt, das uns das Unternehmen zahlt, zur Verfügung stellen können, ist unsere Zeit – innerhalb deren wir dann die Aufgaben erledigen, die wir zu leisten in der Lage sind.

Bleibt die Frage: Lässt sich diese Zeit besser nutzen? Kann man überhaupt acht Stunden – lediglich durch Pausen unterbrochen – unentwegt Leistung erbringen? Vermutlich nicht. Also warum dann so viele Stunden am Arbeitsplatz verbringen? Das Modell könnte wirklich ausgedient haben.

Von daher ist es konsequent, wenn Unternehmen die tägliche Arbeitszeit reduzieren – immer vorausgesetzt, es ist wirklich möglich, das gleiche Pensum in fünf oder sechs statt in bisher acht Stunden zu bewältigen.

Wobei noch zwei interessante Aspekte hinzukommen: Am Vormittag sind wir alle deutlich leistungsfähiger, gegen Mittag bauen wir rapide ab – und die Fehler nehmen zu.

Und man weiß, dass niemand wirklich auf neue Ideen kommt, wenn er keine echte Zeit zum Denken und Träumen hat – zum Beispiel beim Spaziergang, Joggen oder anderen Tätigkeiten, die mit Bewegung verbunden sind (Das Gift des Nichtstuns). Denn das ist ein weiterer Effekt, den sich die experimentierfreudigen Unternehmen erhoffen: Wer gegen 13.00 Uhr Feierabend hat, der wird zum einen deutlich motivierter und konzentrierter am Vormittag arbeiten und gleichzeitig in seiner Freizeit auf neue Ideen kommen. Das zumindest legen die Experimente nahe.

Die Sache dürfte nur einen Haken haben: All das dürfte vor allem für Tätigkeiten gelten, die man in die Rubrik „Wissensarbeit“ einordnen kann. Wie soll ein Lagerarbeiter, ein Pfleger, ein Call-Center-Agent in weniger Arbeitszeit die gleiche Anzahl von Paketen packen, Menschen pflegen oder Anrufe tätigen? Hier bliebe dann vielleicht noch das Argument, dass in fünf Stunden weniger Fehler passieren und die Motivation höher ist – ob das aber ausreicht, um diesen Mitarbeitern das gleiche Gehalt zu zahlen wie für acht Stunden „Dienst“? Ziemlich utopisch. Dennoch: Warum nicht auch hier mal Experimente wagen?

Das empfehlen auch die Experten vom Fraunhofer-Institut: Wer hier Versuche starten möchte, diese lieber schrittweise einführen.

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