21. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Code of Conduct

KRITIK: Schon die Definition des Begriffs Compliance verursacht bei mir Kopfschütteln: „Rein formell steht Compliance in Unternehmen für die regelkonforme Einhaltung von regulatorischen Standards und gesetzlichen Bestimmungen.“ Wie hält man sich denn „nicht regelkonform“ an gesetzliche Bestimmungen?

Nun denn, viele Unternehmen haben für ihre Mitarbeiter solche Regelwerke aufgestellt, die man als Code of Conduct bezeichnet. Laut einer Untersuchung von KPMG sind es 75% der Fortune-Global-200-Unternehmen (Behavioral Compliance). Aber was bringen diese Verhaltensvorgaben? Verhindern sie tatsächlich unethisches Verhalten?

Die Autoren des Beitrages in der Wirtschaftspsychologie aktuell führen einen neuen Begriff ein: Behavioral Compliance. Weil es bei der Einhaltung von Regeln um menschliches Verhalten geht, lautet die Begründung. Ist das nicht immer der Fall?

Aber gut, schauen wir mal, wovon es abhängt, ob sich Menschen an Regeln halten. Es gibt

  • Individuelle Faktoren
  • Situative Faktoren
  • Organisationale Faktoen.

Bei den situativen Faktoren sind z.B. Vorgesetzte oder die Kollegen gemeint, die sich unethisch verhalten oder die bei solch einem Verhalten einfach wegschauen. Individuelle Faktoren beziehen sich auf die Persönlichkeit, wobei die Forschung hier nicht allzu weit vorangekommen ist. Es gibt ein Merkmal, das offenbar geeignet ist, Menschen zu identifizieren, die eher geneigt sind, den Verlockungen unethischen Verhaltens zu erliegen. Gemeint ist die Unterscheidung in Idealisten und Relativisten. Letztere achten sehr auf die eigenen Interessen und neigen daher je nach Situation dazu, mal „Fünfe grade sein zu lassen“. Sie zu erkennen, ist allerdings nicht leicht. Empfohlen werden Dilemma-Szenarios.

Auf der organisationalen Ebene gibt es ganz viele Faktoren, die einen Einfluss auf die Compliance haben. Die Idee ist nun, sich den eigenen Code of Conduct anzuschauen und zu analysieren, ob er Aussagen zu all diesen Faktoren enthält – je mehr, desto besser. Das ist keine exakte Messung, man vergibt Punkte nach dem Schema: 0 Punkte für „erfüllt/nicht überprüfbar“, 1 Punkt für „teilweise erfüllt“, 2 Punkte für „erfüllt“ und 3 Punkte für „gut erfüllt“ (und wieder frage ich mich, wo der Unterschied zwischen „erfüllt“ und „gut erfüllt“ liegt).

Hier kommen die Faktoren:

  • Motivierte Blindheit (es wird nicht weggeschaut, wenn das Interesse des Unternehmens betroffen ist)
  • Interessenkonflikte (es wird hier wird nicht von den Standards abgewichen)
  • Verantwortungssicherung (klare Unterschriftsregelungen verhindern Alleingänge)
  • Controlling (es gibt Kontrollmechanismen)
  • Kommunikation (Schulungen und Training)
  • Ergebnisorientierung (es ist nicht egal, wie ein Ergebnis zustande gekommen ist)
  • Regeln (es gibt klare Regeln, was passiert, wenn jemand gegen Regeln verstößt)
  • Meldesystem (Anlaufstellen bzw. Verfahren, die die Möglichkeit bieten, unethisches Verhalten zu melden)
  • Moralische Werte (der Wertekatalog enthält nicht nur „Leistungswerte“, sondern auch Begriffe wie Verantwortung oder Ehrlichkeit)
  • Slippery Slope (es gibt Mechnismen, wie man der schleichenden Veränderung in Richtung unethischen Verhaltens begegnet)

Wenn Sie sich jetzt den Code of Conduct Ihres Unternehmens vorknöpfen und fleißig Punkte vergeben (empfohlen wird, dass man das mit zwei Bewertern macht, die unabhängig die Texte beurteilen), dann haben Sie Anhaltspunkte, ob er die Chance hat, Wirkung zu erzielen. Ob ein nach diesen Kriterien „guter“ Kodex tatsächlich etwas bewirkt, wissen wir allerdings immer noch nicht.

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