7. Oktober 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Priorität: Geldverdienen

INSPIRATION: Ich liebe Geschichten von interessanten Menschen, und die Brand eins ist für solche immer gut. Im Heft über den Umgang mit der Zeit geht es um jemanden, der sein „Unternehmen ganz in den Dienst von Benefizprojekten gestellt“ hat (Mensch: Meier). Lars Meier führt eine Agentur, steckt aber 40% seiner Zeit in Pro-bono-Aktivitäten. Wobei die Agentur eben nur so viel Geld einspielen soll, dass er sich um seine Herzensprojekte kümmern kann.

Stressig, sagen seine Mitarbeiter, aber sie mögen es auch. Und so kommen die verrücktesten Sachen zustande. Zum Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine gelang es ihm, ganz Hamburg zu einer Gedenkminute zu überreden, da standen sogar alle Bahnen still. Benefiz-Veranstaltungen wie ein Mau-Mau-Masters, ein Kamelrennderby gehören zu seinen Werken, dazu führt er noch einen lokalen Radiosender, ein Nachhaltigkeitsnetzwerk und „eine Art Kontakthof für Kulturschaffende“, das Hanse Rendezvous.

Der Autor fragt sich, was Lars Meier antreibt und vor allem, wie er das alles schafft. Die Antwort auf die erste Frage erhält er nicht, auch wenn er daran kratzt. Der frühe Tod seines Vater, eine Beinahe-Pleite mit 25 Jahren geben Hinweise, aber ähnliche Erfahrungen machen viele andere auch, ohne anschließend ihr Leben lang sich für andere einzusetzen.

Keine finanziellen Hintergedanken

Und vermutlich hätte ich die Geschichte hier auch gar nicht aufgegriffen, wenn darin nicht eine Einstellung deutlich wird, die mir ein Kernpunkt zu sein scheint: Ihn treiben „offensichtlich keine finanziellen Hintergedanken“. Soll heißen: Er will mit all diesen Aktivitäten kein Geld verdienen. „Schön“, werden jetzt einige denken, „das kann ich mir mit meinem Job nicht leisten. Der hat’s einfach, er hat eine Agentur, die das Geld verdient“.

Dazu vielleicht die letzte Geschichte. Er hat ein Festival erfunden, um Kulturschaffende in der Corona-Pandemie zu unterstützen. Der Clou: Dieses Festival sollte nie stattfinden. Er druckte einfach Plakate, auf denen Superstars abgebildet waren, und hängte sie überall aus. 20.000 Tickets wurden für ein Konzert verkauft, das nicht stattfand, sein bislang größter Erfolg. Und dennoch äußert er sich enttäuscht. „Warum“, so die Frage, „haben nicht einige der Superreichen, die in Hamburg zweifellos zu Hause sind, nicht einige Hundertausend Euro draufgelegt?“ Oder ganz allgemein: Warum gibt es nicht viel mehr Menschen, die ihre Kontakte, Talente und Möglichkeiten nutzen, um ähnliche Dinge auf die Beine zu stellen?

Wo sind die Überzeugungstäter?

„Keine Zeit“, lautet die häufigste Antwort. Gemeint ist: „Weil ich andere Dinge wichtiger finde“. Und das ist offensichtlich Geldverdienen. Ein Anstoß, nachdenklich zu werden. Ich kenne, mich selbst eingeschlossen, viele Menschen, die sich nicht nur bei beruflichen Dingen fragen, was das, was sie tun, wert ist. Und Wert in Euros ausdrücken. Sicher, wer gerade so viel verdient, dass es zum Leben reicht, kann darüber nur den Kopf schütteln. Aber wie viele gibt es, die einen gewissen Wohlstand erreicht haben und trotzdem darüber nachdenken, wie sie diesen weiter mehren können? Was hält uns davon ab zu entscheiden: Die Summe X pro Monat und das Ersparte Y genügt für meine persönlichen Ansprüche, und mit dem Rest (an Geld, Zeit und Energie) fange ich jetzt an, Projekte anzustoßen, mit denen ich kein Geld verdienen will. Könnte der Unterschied zwischen uns und Lars Meier sein, dass er „keine Angst hat, mich zum Vollhorst zu machen oder mir von irgendwem eine Abfuhr zu holen“?

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