19. Mai 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Mein Auto, mein Haus, meine Yacht

Sieh an, sieh an: Im Rahmen einer groß angelegten Studie hat sich herausgestellt, dass auch auf dem C-Level die Forderung nach Führungskräften mit sozialen Kompetenzen angekommen ist. C-Level – das sind die Menschen mit Kürzeln wie CEO, CFO, COO usw. Ist ja kein Wunder, meinen die Forscher, denn gerade in großen Organisationen, wo Fusionen und Übernahmen an der Tagesordnung sind, kommt es auf die Fähigkeit an, verstreutes Wissen und die richtigen Mitarbeiter zusammenzuführen, dazu muss man mit Menschen umgehen können. Dazu kommt, dass der CEO dank der sozialen Medien viel stärker als früher im Fokus der Öffentlichkeit steht und sich genau überlegen muss, welche Zielgruppe er wie anspricht. Und schließlich stehen Diversität und Inklusion auf der Agenda vieler Chefs, da helfen soziale Kompetenzen ebenfalls sehr.

Auf welchem Zahlenmaterial basieren die Erkenntnisse? Auf der Auswertung von 5.000 Stellenbeschreibungen der Jahre 2000 bis 2017, die eine Personalberatung, die auf die Suche von Top-Management-Kandidaten spezialisiert ist, den Forschern zur Verfügung gestellt hat (Gesucht: CEO mit Gespür). Dabei half KI, die Texte auszuwerten. Und dabei kam heraus, dass seit 2007 die Forderungen nach sozialen Kompetenzen stetig zugenommen haben. Schlussfolgerung der Autoren: Es braucht neue Instrumente, um so etwas wie soziale Kompetenz zu erfassen, z.B. Tests wie der „Reading the Mind in the Eyes“, damit kann man die soziale Intelligenz bestimmen. Den Test könnte man z.B. bei angehenden Top-Führungskräften einsetzen.


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Da finde ich einen anderen Rat schon intelligenter: Konzerne sollten stärker als bisher Kandidaten aus den eigenen Reihen heranziehen. Die kennt man bereits gut und dürften ihre zwischenmenschlichen Fähigkeiten vielfach unter Beweis gestellt haben. Und sie sollten die Business-Schulen anhalten, mehr Wert auf die Vermittlung ebendieser Kompetenzen zu legen. Was sicherlich kein schlechter Tipp ist.

Der Kontext macht’s

Schauen wir doch mal, was ein anderer Experte, der sich brüstet, die Frage untersucht zu haben, was außergewöhnliche Führungskräfte auszeichnet, und dabei „1.000 herausragende US-amerikanische Wirtschaftsführer des 20. Jahrhunderts“ betrachtet und genauer untersucht hat (Andere Zeiten, andere Führung). Das Ergebnis ist in der Tat interessant und gleichzeitig wenig überraschend. Es sind nämlich keine Persönlichkeitseigenschaften oder so etwas wie Charisma, sondern: Die Umstände. Soll heißen: Herausragende Manager haben den Zeitgeist genutzt, sprich, die Chancen, die sich in Zeiten größerer Veränderungen ergeben haben. Es ergeben sich dabei sechs Kategorien:

  • Globale Ereignisse
  • Staatliche Eingriffe
  • Arbeitsverhältnisse
  • Demografie
  • Gesellschaftliche Normen
  • Technologische Entwicklungen

Die Top-Leute zeichnet also aus, dass sie solche Entwicklungen erkennen und nutzen. Sie waren einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort, hatten mehr Glück als Verstand, könnte man sagen. Aber das wird wohl niemand hören wollen, oder zumindest die wenigsten. Der Beitrag schließt mit der Frage, welche größeren Trends Manager heute nutzen können müssen? Antwort: Heute sind Unternehmen extrem vielen unterschiedlichen Einflüssen ausgesetzt, ihre Lenker müssen antizipieren, wie die vielen Stakeholder reagieren. Mit einem Wort: Die Welt braucht heute vor allem Diplomaten auf den Chefsessel.

Regelverstöße und Materialismus

Was Unternehmen sicher nicht gebrauchen können, sind Manager, die mit Betrug und Tricksereien versuchen, den Erfolg zu erzwingen.

Diese „Studie“ hat es in sich. Die Forscher haben mit Hilfe von privaten Ermittlern das Privatleben von mehr als 1.000 amerikanischen Führungskräften unter die Lupe genommen (Wenn CEOs lügen und betrügen). In den USA ist es offensichtlich so, dass private Schnüffler „legal Einsicht in viele öffentliche Register nehmen können“. Das Ergebnis: 18% der CEOs waren wegen unterschiedlicher Verstöße angezeigt worden, vom Fahren unter Alkoholeinfluss über Drogendelikte, häusliche Gewalt bis zu sexuellen Übergriffen.

Und nun kommt’s: Unternehmen, deren Chefs eine kriminelle Vorgeschichte haben, sind doppelt so häufig in Betrugsfälle verwickelt. Die Bosse erzielten deutliche höhere Gewinne durch den Verkauf von Aktien des eigenen Unternehmens (was auf Insiderhandel hindeutet), dabei fiel der Profit umso höher aus, je schwerwiegender die Verstöße waren. Und ganz bitter: Strenge Corporate-Governance-Regeln verhindern regelwidriges Verhalten nur bei jenen, die ein Knöllchen erhalten hatten, aber zeigen keinen Einfluss auf Personen mit schweren Straftaten.

Es gibt aber noch einen zweiten Faktor, der unethisches Verhalten von Bossen wahrscheinlicher macht: Materialismus. Das zu messen ist ziemlich einfach, dazu schaue man sich drei Dinge an: Teures Auto (zum Zeitpunkt der Studie im Wert von 75.000 Dollar und mehr), ein Haus, das mehr als das Doppelte wert ist als der Median der Häuser in der Umgebung und der Besitz eines Bootes von über sieben Metern Länge. Oder z.B. ein Duschvorhang im Wert von 6.000 Dollar. Solche CEOs gehen einher mit mehr Betrugsfällen, mehr unbeabsichtigten Fehlern in der Rechnungslegung, einem geschwächten Kontrollumfeld, mehr aktienbasierten Anreizprogrammen. ABER: Materialistisch orientierte CEOs brachten ihren Unternehmen auch höhere Gewinne als ihre bescheideneren Kollegen.

Nun denn, viel Arbeit für Privatdetektive – wobei: Ob ein Kandidat ein dickes Auto fährt, in einem Schloss wohnt oder auch ansonsten viel Wert auf Prunk und Besitz legt, dürfte auch ohne Detektive herauszufinden sein.

An zwei Orten gleichzeitig

Es gibt eine Möglichkeit, die in den drei aufgeführten Beiträgen erkannten Herausforderungen zu meistern: Eine Doppelspitze. Zwar gibt es einige prominent gescheiterte Beispiele, aber, so eine weitere Studie: Unternehmen mit Co-CEOs erzielten eine Aktienrendite von 9,5% – gegenüber dem Durchschnitt von 6,9%. Anlass genug, das Modell einer Neubewertung zu unterziehen. Es spricht so einiges für zwei Manager*innen an der Spitze. Vor allem: Sie können an zwei Orten gleichzeitig wirken, sich ergänzen, Aufgaben unter sich aufteilen, sich gegenseitig beraten und unterstützen. Die Voraussetzungen, dass dies gelingt, sind auch klar (Geht CEO als Doppelspitze?):

  • Beide müssen bereit sein, die Macht zu teilen, also zu einer echten Partnerschaft
  • Ihre Kompetenzen müssen sich ergänzen
  • Die Zuständigkeiten müssen klar geregelt sein
  • Es muss Mechanismen zur Konfliktlösung geben
  • Sie müssen bereit sein, mit einer Stimme aufzutreten
  • Sie müssen gemeinsam für das Ergebnis verantwortlich sein
  • Sie brauchen den Rückhalt des Kontrollgremiums, sprich: Aufsichtsrat
  • Sie müssen über ähnliche Werte verfügen
  • Es muss eine Exitstrategie geben, klare Regeln, wie es weitergeht, wenn einer, aus welchem Grund auch immer, aussteigt

Auch wenn ich mich wiederhole: So eine Doppelspitze könnte mehr als die oben aufgeführten Probleme lösen, aber die Frage ist, ob die klassischen Aufstiegsmechanismen Personen an die Spitze spülen, die zu einer solchen Kooperation in der Lage sind. Da bin ich eher skeptisch.

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