INSPIRATION: Es geht mal wieder um den Zweck von Unternehmen. Nach wie vor handeln die meisten nach dem Motto: „The business of business is business“ (nach Milton Friedman). Aber wenn selbst der weltweit größten Kapitalgeber da inzwischen Zweifel hat, könnte vielleicht endlich Bewegung in die Sache kommen. Der Chef von Blackrock hat offenbar so seine Zweifel, dass Regierungen für die Menschen und Unternehmen für das Geschäft zuständig sind. Zumindest hat er angekündigt, Unternehmen, die keinen gesellschaftlichen Beitrag leisten, die finanziellen Mittel zu verweigern (Im Dienst des Menschen).
Soll heißen: Was auch immer ein Unternehmen an- und herstellt: Es sollte den Menschen ein besseren Leben ermöglichen und nicht das Gegenteil anrichten, nämlich die Lebensgrundlagen vernichten – sprich: Mehr verbrauchen als die Erde erneuern kann. Ist im Prinzip doch gar nicht so schwer, oder? Und wenn man dann noch einen Nutzen für die Gesellschaft stiftet (im Kerngeschäft wohlgemerkt, nicht indem man seine Manager in Kindergärten oder Hospize schickt oder wohltätige Stiftungen gründet), könnte eigentlich alles gut sein.
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Und wie immer bei solchen Beiträgen kommt dann irgendwoher eine Studie, die zeigt, dass solche Unternehmen auch betriebswirtschaftlich besser dastehen. Diesmal stammt sie von der Boston Consulting Group und heißt „Total Societal Impact„. Es geht darum, ob Unternehmen mit ihren Produkten und Dienstleistungen direkt gesellschaftlich relevante Themen adressieren, in Einklang mit gesellschaftlichen Werten handeln, gute Arbeitsbedingungen schaffen und schonend mit natürlichen Ressourcen umgehen. Und siehe da: Solche Unternehmen werden von Investoren deutlich besser bewertet und ihre Gewinnmargen liegen ebenso deutlich über dem Durchschnitt.
Wenn ich so etwas lese, denke ich immer: Na prima, das müsste doch so überzeugend sein, dass alle anderen Unternehmen wie Tabakkonzerne, Rüstungsunternehmen, Süßwarenhersteller usw. sofort ihr Geschäft einstellen und sich gesellschaftlich relevanten Themen zuwenden. Ist natürlich Blödsinn, diese verdienen ja auch nicht schlecht, warum sollten sie also umschwenken?
Aber vielleicht könnten ja Gründer sich mehr auf solche Themen stürzen, nur bin ich da aber auch skeptisch. Viele Neugründungen, gerade im Bereich des Internets, scheinen mir alles andere als das Wohl der Gesellschaft im Auge zu haben. Wie viele Plattformen brauchen wir noch, die es ermöglichen, Waren möglichst individuell produzieren und innerhalb weniger Stunden vor die Haustür liefern lassen? Oder Arbeitskräfte, Unterkünfte und Dienstleistungen so billig wie möglich zu vermitteln? Wenn das große Geld winkt, ist es mit dem „Social Impact“ nicht weit her, auch oder gerade bei den Kapitalgebern.
Aber vielleicht ist das ja alles bald gar kein Problem mehr. Wenn dank der Digitalisierung ohnehin niemand mehr Arbeit findet (schon jetzt werden Jobs, die noch vor wenigen Jahren in Billiglohnländer verlegt wurden, zurückgeholt und von Maschinen erledigt), dann wird es kaum noch Menschen geben, die sich all diese tollen Produkte leisten können. Ein unrealistisches Szenario? Vielleicht nicht, denn es gibt eine Menge ernstzunehmender Menschen, die genau das vorhersagen.
Nicht, dass uns die Arbeit allgemein ausgeht, Menschen werden sich kaum langweilen. Aber ein Teil der Arbeit, an die wir uns so sehr gewöhnt haben wie z.B. Produktionstätigkeiten, Büroarbeiten, viele Service-Tätigkeiten, von denen die meisten sich noch gar nicht vorstellen können, dass sie eines Tages von Robotern übernommen werden, sind dabei zu verschwinden.
Wenn aber mit all dem niemand mehr seinen Lebensunterhalt verdienen kann, wird es Zeit für soziale Innovationen. Und damit tun wir uns offenbar deutlich schwerer als mit technischen Neuerungen. Dann nämlich müssten wir viele unserer Gewohnheiten und Denkweisen verändern, deutlich mehr vermutlich als bei der Umstellung auf technische Innovationen.
Zu abstrakt? Die meisten Menschen hatten nicht so viel Mühe, sich von einem Drehscheiben-Telefon auf ein Tastengerät und von diesem auf ein Smartphone umzustellen. Und wenn auch viele immer noch das klassische Fernsehen bevorzugen und mit Fernbedienung arbeiten, scheint das sprachgesteuerte Haus nach und nach Realität zu werden. Auch die Umstellung vom Buch auf das E-Book gelingt den meisten – ebenso der Wechsel von CDs auf Streaming Dienste.
Aber wenn es darum geht, das eigene Auto aufzugeben und sich mit dem Nachbarn eins zu teilen, wird es eng. Nun stelle man sich vor, die Menschen sollten noch viel mehr teilen, um dem Raubbau an den Ressourcen Einhalt zu gebieten. Wie wäre es mit Wohnraum zum Beispiel? Mit der Pflege älterer und junger Menschen? Was, wenn man die Vermittlung von Wissen und Bildung nicht mehr bezahlen kann und hierfür andere Formen finden muss?
Weit hergeholt, okay. Dennoch: Statt über die Vernichtung von Arbeitsplätzen und die Verschwendung von Ressourcen zu jammern, wäre es doch mal an der Zeit, über soziale Innovationen nachzudenken. Wobei das bedingungslose Grundeinkommen ja nur eine Variante ist…