INSPIRATION: Während die Gewerkschaften das Recht erkämpfen, die Wochenstundenzahl bis auf 28 reduzieren zu können, gibt es immer mehr Unternehmen, bei denen die Mitarbeiter selbst entscheiden können, wie viel sie arbeiten – und wo. Das soll funktionieren. Tatsächlich hat der IT-Dienstleister Softwarekontor für 50 Mitarbeiter 50 verschiedener Arbeitszeitmodelle. Wichtig ist, dass die Arbeit erledigt wird, über die Anzahl der Stunden entscheidet der Mitarbeiter (nach Rücksprache) selbst. So flexibel die Arbeitszeit, so flexibel ist dann allerdings auch das Gehalt. Interessantes Experiment.
In dem Beitrag der Wirtschaftswoche (Zeit statt Geld) werden weitere Unternehmen genannt: Die Lufthansa bietet ihrem Kabinenpersonal 100 verschiedene Modelle, bei Trumpf können die Mitarbeiter alle zwei Jahre neu entscheiden, Überstunden können für ein Sabbatical angespart werde. Bei Westaflex sind es gar 120 Modelle, dort will man Ähnliches sogar in der Fertigung anbieten. Bei Vaude gibt es auch keine konkreten Regeln, da wird bei jedem Mitarbeiter nach Bedarf entschieden.
Das klingt alles bestens, aber wie immer gibt es natürlich auch eine Kehrseite. Wer kürzer arbeitet, verdient auch weniger, immer häufiger gibt es in jedem Haushalt zwei Verdiener. Wer kürzer tritt, hat dann im Haushalt mehr Aufgaben – auch diese wollen bewältigt werden. Es ändern sich offenbar die gesellschaftlichen Verhältnisse, auch wenn bei einer Umfrage der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin nur 38% der Befragten angaben, einen wesentlichen Einfluss auf ihre Arbeitszeit zu haben. Aber immerhin – 38% wäre vermutlich vor Jahren undenkbar gewesen.
Interessanter Aspekt: Wenn die einen weniger arbeiten, muss ja jemand deren Tätigkeiten übernehmen. Vermutlich sind Neueinstellungen nicht automatisch die Folge, also sind die „Eh-da-Mitarbeiter“ (die eh da sind) stärker belastet. Und wenn diese immer wieder für die Kollegen einspringen müssen … begeistert werden sie nicht sein, wenn die Kollegen kommen und gehen wann sie wollen. Also braucht man doch Regeln, und da hat sich die Telekom etwas einfallen lassen:
Wenn ich das richtig verstehe, können sich dort Mitarbeiter auf feste Arbeitszeiten (mit 12 Wochen Vorlauf) festlegen und damit verlässlich planen. Da aber der Arbeitgeber nicht immer so lange im Voraus planen kann, vereinbart er mit anderen Mitarbeitern flexible Einsatzzeiten, allerdings erhalten diese Mitarbeiter, die die eigene Flexibilität und Planbarkeit opfern, mehr Geld und noch zusätzliche Stunden gutgeschrieben. Klingt nach einem fairen Angebot, wobei ich mir das in der Praxis nicht einfach vorstelle. Spannend auf jeden Fall, wie viel Bewegung in das Thema gekommen ist….