INSPIRATION: Die Zeiten, in denen Unternehmen allein an ihrem Profit gemessen wurden, sind angeblich vorbei. Was man durchaus bezweifeln darf, wenn man an Listen wie die Fortune 500 denkt. Nur was könnten denn alternative Kriterien sein? Es gibt alle möglichen Anbieter, die eine Antwort hierauf geben wollen. Aber taugen sie auch was? Genau diese Frage untersuchte das Forschungsinstitut für Arbeit und Arbeitswelten der Uni St. Gallen. Der Anspruch war zu schauen, ob die verschiedenen Siegel und Auszeichnungen wissenschaftlichen Kriterien genügen, als da wären: Objektivität, Reliabilität und Validität. Man ahnt das Ergebnis: Nur wenige hielten der Prüfung stand.
Bleibt immer noch zu klären, was man unter „guten Unternehmen“ verstehen soll. Grundsätzlich, so die Autoren (Gut gemessen?), solche, die „die Belange der wichtigsten Stakeholder integrieren„. Nach der Devise: „Was nutzt ein großartiger Profit, wenn es den Mitarbeitern schlecht geht und die Umwelt leidet!“. Bei allen anderen liegt der Verdacht des „Good Washings“ vor, mal abgesehen von jenen, die sich erkennbar und nachvollziehbar auf einzelne Aspekte beziehen, wie z.B. „Good Place to Work“, wo die Mitarbeiterperspektive im Vordergrund steht.
Weitere Perspektiven jenseits des Profits
- Mitarbeiterorientierte Unternehmenspolitik, die sowohl den Einzelnen als auch die gesamte Belegschaft als Gemeinschaft berücksichtigt
- Schonender Umgang mit Ressourcen bzw. aktive Schutz von Natur und Klima
- Gesellschaftliches Engagement an den Standorten
- Verantwortung für die Lieferkette
- Wertschätzende Kundenbeziehungen
- Respekt, Kooperation und Open-Source-Innovationen bezogen auf die Mitbewerber
Klingt mir nach einer recht vollständigen Liste, und wie nicht anders zu erwarten, erfassen nur wenige der Ansätze das komplette Spektrum. Und wenn, dann werden sie den genannten wissenschaftlichen Kriterien nicht gerecht. Am Ende blieben drei Auszeichnungen übrig, die von den Autoren als Pioniere bezeichnet werden: Die Gemeinwohlökonomie (GWÖ), der CSR-Preis und Benefit Corporation (B Corp). Wobei diese drei noch einen Aspekt berücksichtigen: Sie schauen, ob sich ein Unternehmen nicht nur bemüht, die Kriterien „abzuarbeiten“ bzw. sich an anderen misst, sondern ob es versucht, sind ständig zu verbessern, also sich selbst zum Maßstab nimmt.
Unternehmer, die über den Tellerrand hinausschauen wollen und mehr im Sinn haben, als möglichst viel Umsatz und Gewinn zu generieren, sollten sich vielleicht genauer überlegen, welchem Siegel bzw. „Wettbewerb“ sie vertrauen. Die Frage, ob das am Ende auch der Kunde zu würdigen weiß, steht auf einem anderen Blatt. Ein bisschen so wie im Sport: Interessiert es jemanden, ob eine Mannschaft Meister wird, die sparsam haushaltet und die sich durch große Fairness auszeichnet?