2. Februar 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Kann ein Konzern „start up“?

KRITIK: Ein Konzern wie Siemens muss sich etwas einfallen lassen, wenn er auch in Zukunft noch technologisch mithalten kann. Also investiert man fleißig in Start ups und hat sogar ein eigenes gegründet. Außerdem stellt man viel Geld für Ideen zur Verfügung. Ob viel auch viel hilft?

Der Konzern hat 800 Millionen in 180 Start ups gesteckt, schon seit Jahren kooperiert man mit Universitäten, daraus entstanden bisher 12 neue Unternehmen. Intern gibt es ein Vorschlagswesen (heißt das heute noch so?), für das ein Budget von 100 Millionen Euro zur Verfügung steht. Die Ideen können am Vorgesetzten vorbei zentral eingereicht werden, 80% der Ideen wurden bisher gefördert. Das ist jetzt nicht wirklich neu.

Etwas anders sieht es bei dem Ansatz aus, bei dem Ideen der Mitarbeiter im Intranet veröffentlicht werden und Kollegen darüber abstimmen, welche der Ideen umgesetzt werden sollen. Die betroffenen Abteilungen müssen dann einen Teil ihres Budget für die Realisation einsetzen. Wie das so angenommen wird, erfahren wir leider in dem Beitrag der wirtschaft + weiterbildung (Ungewissheit aushalten) nicht.

Und was hat es mit dem eigenen Start up auf sich? Das Unternehmen heißt „Next 47“ und verfügt über eine Budget von einer Milliarde Euro über fünf Jahre. Dort sollen Mitarbeiter ungebremst von der Trägheit eines Konzerns schneller Innovationen auf den Markt bringen. Die Personalchefin ist überzeugt, dass „in einigen Jahren großartige Innovationen mit dem Namen „Next 47“ verbunden sein werden.“ Zum Beispiel ein elektrisch angetriebenes Passagierflugzeug.

Ob die Sache mit den Innovationen so herum wirklich funktioniert? Bei einem neuen Unternehmen steht doch in der Regel eine Idee am Anfang. Die Unternehmer glauben fest an diese Idee und müssen Geldgeber überzeugen, dass es sich lohnt zu investieren. Anschließend stecken sie ihre ganze Energie in ihre Idee und führen sie, wenn es klappt, zum Erfolg.

Aber warum sollten Mitarbeiter eines Konzerns, nur weil sie jetzt einer Art Start up angehören, in dem bestimmte Konzernregeln außer Kraft gesetzt sind, plötzlich mehr engagieren? Oder schneller „erfinden“? Oder kreativer sein? Um diesen „Spirit“ zu fördern, müssen bei Siemens die Mitarbeiter, die in das neue Unternehmen wechseln, einen neuen Vertrag akzeptieren – zu Start up Bedingungen. Also ohne soziale Vergünstigungen, Gewinnbeteiligung und Gehaltserhöhungen. Es gibt, so die Personalerin, die Start up-Freiheit nur zu Start up-Bedingungen.

Das ist seltsam. Jemand, der ein Unternehmen gründet, macht das, weil er Unternehmer und kein Angestellter sein will – zumindest, wenn die Gründung nicht aus der Not geboren wurde. Warum sollten jetzt Angestellte plötzlich Unternehmer sein wollen, mit all den damit verbundenen Risiken, aber ohne wirklich Unternehmer zu sein? Und tatsächlich heißt es in dem Beitrag, dass die Wechselbereitschaft nicht allzu ausgeprägt sei.

Ist ja nicht schlimm, könnte man antworten, dann kommen die Mitarbeiter eben von außen. Da fürchte ich, werden dann diejenigen sich bewerben, die auf eine Konzernkarriere hoffen und damit den Fuß in der Tür haben. Konzern sein und Start up sein – nein, da bleibe ich skeptisch, so gut es sich auch anhört.

Und ich frage mich: Wenn doch, wie hier behauptet, Unternehmen zwei Modelle benötigen (ein hierarchisch geregeltes für das Tagesgeschäft und ein „Experimentierlabor“ mit Eigenverantwortung und Selbstorganisation) – was ich noch stark bezweifle – warum experimentiert man dann nicht dort, wo schon immer nach Innovationen gesucht wurde: In der Forschung und Entwicklung? Wären diese nicht prädestiniert für Experimente, für Eigenverantwortung und Selbstorganisation?

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