22. Februar 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Kognitive Empathie?

INSPIRATION: Es tut uns einfach gut, wenn andere uns verstehen. Allein das Gefühl, der andere kann nachvollziehen, was wir sagen, schafft Nähe. Jemand äußert: „Im Moment weiß ich gar nicht, wo mir der Kopf steht. Alle wollen etwas von mir, ich komme nicht mehr dazu, mal in Ruhe meine eigentlichen Aufgaben zu bearbeiten!“ – und der andere nickt nicht nur wissend, sondern seine Antwort lässt mich erkennen, das er schlichtweg weiß, wovon ich rede. Also zum Beispiel: „Das ist tatsächlich mächtig viel, was du an der Backe hast, und die anderen scheinen zu glauben, dass du die einzige bist, die hier noch den Überblick hat!“

Ist das schon Empathie? Sicher. Sich in den anderen hineindenken, die Lage zu erkennen lässt auf Einfühlungsvermögen schließen. Darin steckt der Begriff „Gefühl“, und nun wird es kompliziert. Angeblich gibt es einmal die Fähigkeit, gedanklich nachzuvollziehen, was der andere ausdrücken will. Aber wir sind definitiv auch in der Lage, die dahinter liegenden Gefühle zu empfinden. Wir spüren also in dem Beispiel den Stress, die Hilflosigkeit, die Erschöpfung, so als litten wir selbst darunter.


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Nicht unbedingt, heißt es. Das würde ja bedeuten, dass wir in dem Moment mitleiden, selbst gestresst, erschöpft, überfordert sind. So wie wir uns freuen, wenn jemand seine Freude mit uns teilt. Aber gibt es nicht auch ein „Mittelding“? So etwas wie kognitive Empathie? Wir versetzen uns gedanklich in die Lage des anderen, wie es sich anfühlt, wenn wir gestresst, erschöpft, angestrengt, hilflos waren. Aber sind es in diesem Moment nicht. Das ist schon etwas anderes, als wenn wir jemanden verletzt am Boden liegen sehen und seine Schmerzen buchstäblich fühlen, oder?

Warum diese Überlegungen? Weil immer wieder verlangt wird, dass Führungskräfte Empathie zeigen sollen. Weil nachweislich ein empathischer Umgang Menschen in Organisationen gesünder, resistenter, zufriedener und am Ende auch produktiver sind. Aber, so die Warnung, man darf sich nicht zu sehr mitreißen lassen. Mitarbeitende „brauchen keine Chefs, die mit ihnen klagen, sondern Vorgesetzte, die auch in schwierigen Situationen nach vorne schauen und Lösungen entwickeln“ (Gefühlvoller Abstand).

Mitgefühl statt Mitleid?

Und dann kommt wieder dieser klassische Satz: „Menschen brauchen Mitgefühl, kein Mitleid.“ Was soll das denn sein? Wenn das Gefühl des anderen Schmerz ist, dann soll ich mitfühlen, ohne zu leiden? Wenn der andere Freude äußert, dann soll ich das fühlen, ohne mich zu freuen? Gemeint ist sicher etwas anderes: Ich soll mich als Führungskraft von dem Gefühl, das mich überkommt, nicht übermannen lassen. Ich soll nicht selbst anfangen zu weinen oder jubelnd auf dem Tisch tanzen, sondern meine Emotionen kontrollieren.

Um dann zu überlegen, ob es sinnvoll ist, jenseits des Mitgefühls in meiner Funktion als Führungskraft aktiv zu werden. Meist reicht es ja, zu erkennen zu geben, was man verstanden hat. Aber manchmal ist man eben ganz anders gefordert. Wie in dem Beispiel, das mir kürzlich – nicht zum ersten Mal – begegnet ist.

Da meldet sich ein Mitarbeiter bei seinem Chef und erklärt ihm, dass sein Kollege die zugesagten Aufgaben auch nach wiederholter Aufforderung nicht erledigt hat, und dass er darüber frustriert und auch verärgert ist. Worauf die Führungskraft ihm erklärt, dass der Kollege zur Zeit stark privat belastet und auch gesundheitlich angeschlagen ist. Und man deshalb doch Verständnis haben sollte.

Nicht gut, oder? Hier wäre zunächst mal Empathie gegenüber dem Mitarbeitenden angebracht, der mit einem konkreten Problem kommt. Sich in seine Lage zu versetzen und zu erkennen, dass seine Situation schwierig ist. In diesem Fall kann er es aber dabei sicher nicht belassen, hier ist genau das notwendig, was die Fachleute raten: Mit dem Betroffenen eine Lösung finden. Und der Betroffene ist hier nicht der Kollege, der seine Aufgaben nicht erledigt. In diesem Fall hilft Mitgefühl erst einmal gar nicht, sondern ist vermutlich nichts anders als eine zwar nachvollziehbare, aber auch heimtückische Art, sich vor der unangenehmen Aufgabe zu drücken, mit diesem Kollegen zu sprechen und der eigenen Verantwortung gerecht zu werden. Nach dem Motto: „Na hören Sie mal, wie können Sie sich über den Kollegen beklagen, wo es ihm doch so schlecht geht …“.

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