25. Juni 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Oberstübchen-Booster

INSPIRATION: Den unter Stress und Druck Leidenden werden aus dem Umfeld oft kluge Vorschläge zur Abhilfe gemacht. Viele davon sind Ammenmärchen, die wissenschaftlich nicht erforscht sind. Oder es handelt sich um mehr oder weniger legale Drogen. Was bringt’s?

Mitarbeiter klagten zwar schon länger allgemein über Stress, aber in den letzten Jahrzehnten hätten auch die geistigen Arbeitsanteile bei vielen Jobs zugenommen. So Autor Christian Gärtner, seines Zeichens Professor für HR-Management und Digitalisierung an der Hochschule München (Kognitive Leistungssteigerung – mit und ohne Drogen). Als Rettungsanker böten sich vielen Menschen allerlei Drogen und weitere Maßnahmen an. Der Trend wird dann neudeutsch gerne als „Neuro-Enhancement“ bezeichnet, was etwas verharmlosend klingt. Der Autor kategorisiert und diskutiert die Vorschläge – weniger abgehoben als „Gehirndoping“ klassifiziert – mit wissenschaftlichem Blick auf vier Ebenen:


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Verhaltensweisen

  • Ausreichend Schlaf: Das ist wissenschaftlich erwiesen – und legal.
  • Geistiges Aufwärmen: Das ist nicht nur beim physischen Sport wichtig. Die tägliche 13-Minutenmeditation, ebenfalls eine erforschte Methode, ist hier eine gute Übung.
  • Konzentrationsübungen: Die 40-Hertz-Klangdusche oder auch weißes Rauschen, alles inzwischen per App verfügbar, sind hilfreich und wissenschaftlich belegt.
  • Wachmacher nutzen: Statt kalt zu duschen, reicht es auch, den Arm in Eiswasser zu legen. Dann wird Adrenalin ausgeschüttet. Viel zu trinken, erzeugt Druck auf der Blase, das lässt einen nicht einschlafen. Und die Positionierung des Bildschirms leicht oberhalb des Kinns regt die Augenmuskulatur an.

Ernährung

  • Ausgewogene Ernährung: Das ist die Basis. Insbesondere sollten industriell verarbeitete Lebensmittel gemieden werden. A-, B- und E-Vitamine seien zwar relevant, ob eine zusätzliche Einnahme aber die Leistungsfähigkeit steigert, ist bislang unklar.
  • Nahrungsergänzungsmittel: Wenig hilfreich sind Cocktails solcher Mittel. Nur mit einzelnen Mitteln kann man individuell und verlässlich die Wirkung testen.
  • Koffein: Es steigert – in Maßen genossen (1-3 mg pro Kilo Körpergewicht) – nachweislich die kognitive Leistungsfähigkeit; allerdings nur bei mittelschweren Aufgaben.

Medikamente und Drogen

  • Pharmaka: Vigil und Co. können die Daueraufmerksamkeit, Genauigkeit und Reaktionsgeschwindigkeit nach einem langen Arbeitstag verbessern. Die Substanzen wirken ähnlich wie Koffein. Allerdings profitieren davon vor allem Menschen mit niedrigem kognitivem Leistungsvermögen. Und nicht nur flexibles Denken wird beeinträchtigt, sondern bei zu hoher Dosierung erntet man unangenehme Nebenwirkungen.
  • Cannabis: Witzige Pointe – die Cannabiskonsumenten halten ihre eigenen Ideen für kreativ. Das nüchterne Umfeld jedoch nicht. Dieser Trend der Selbstüberschätzung ist bei Kokainkonsum noch ausgeprägter. „Beide Drogen erhöhen den Dopaminspiegel, was divergentes Denken fördert, allerdings auch triebhaftes Verhalten, weshalb die Suchtgefahr groß ist.“

Die Risiken beim Drogenkonsum, aber auch beim Ernährungstuning sind nicht ohne. Eine laborärztliche Überwachung ist da in der Regel angeraten. Zudem sind die Effekte eher gering, so dass man fragen darf, ob sich dafür das Risiko lohnt. Zudem ergeben sich etliche ethische Fragen.

Autor Gärtner hebt einen Aspekt nicht in der nötigen Schärfe hervor: Alle genannten Ebenen thematisieren bloß das Individuum, betreffen also nur die Verhaltensprävention, wie man im Arbeitsschutz sagen würde. Das ist nicht nur einseitig, sondern definitiv zu kritisieren – wie den aktuellen Resilienz-Hype. Der viel größere Hebel eröffnet sich doch mit der Verhältnisprävention – also dem Ansatz an der Arbeitsgestaltung und der Führung. Es mag zeitaufwendiger und teurer sein, doch die Humanisierung des Arbeitslebens, wenn ich einmal ein altes Stichwort aufgreifen darf, ist der Königsweg in der Arbeitsgestaltung. Das ist schon Jahrzehnte bekannt. Hier sind die Arbeitgeber in der Pflicht. Und, um es einmal platt zu sagen: Die Märchen von den Heinzelmännchen, von Superman und Cyberübermenschen sind nicht nur Quatsch. Sie gehören auch definitiv in die Tonne. Auch wäre es hilfreich, wenn Unternehmen solchen Selbstoptimierungs- und -ausbeutungswahn – getreu dem alten Fisherman’s Friend-Mantra: „Sind sie zu stark, bist du zu schwach!“ – eben nicht befeuern, sondern entschieden zurückweisen. Dann klappt es auch mit dem Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Auch das ist wissenschaftlich erforscht.

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