22. Februar 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Situative Führung?

KRITIK: Ich muss mich mal kurz echauffieren. Obwohl ich zugleich zugebe, dass ich „in jungen Jahren“ auch das Konzept der situativen Führung in Trainings gelehrt habe. Worum geht es? In einem Beitrag einer Journalistin im Harvard Business Manager (Kernkompetenz Anpassungsfähigkeit) erklärt diese, warum das Konzept der sechs Führungsstile von Daniel Goleman auch heute noch seine Berechtigung hat. Hier noch mal kurz für alle, die das Modell schon eingemottet haben:

  • Autoritär – bedeutet, Anweisungen zu geben und zu erwarten, dass diese befolgt werden. Nicht zu oft anwenden, heißt es, höchstens in Notsituationen mit einer klaren Befehlskette.
  • Autoritativ – bedeutet, klare Richtlinien vorzugeben, eine Vision zu gestalten und Leute zu motivieren, diese anzustreben. Vor allen in Zeiten der Unsicherheit und des Wandels geeignet.
  • Leistungsbetont – bedeutet, nach Exzellenz zu streben und das Beste aus den Mitarbeitenden hervorzuholen. Riskant, dann sinnvoll, wenn man es mit hochmotivierten Fachleuten zu tun hat (Juristen, Forscher …)
  • Affiliativ – bedeutet, Beziehungen zu Menschen aufzubauen und ein positives Arbeitsklima zu schaffen. Nicht gut, wenn er allein eingesetzt wird, am besten in Kombination mit dem autoritativen (das ist dann wohl das, was man den transformationalen Stil nennt).
  • Demokratisch – bedeutet, Menschen an Entscheidungsprozessen zu beteiligen, was vor allem dann sinnvoll ist, wenn man selbst nicht sicher ist, welche Vorgehensweise die beste ist oder wenn es darum geht, neue Ideen zu entwickeln.
  • Coachend – bedeutet, die individuelle Entwicklung der Menschen zu fördern, immer dann hilfreich, wenn man Einzelgespräch zur Leitungsbeurteilung führt, aber auch in alltäglichen Gesprächen.

Erfolgreiche Führungskräfte, so die These, setzen diese Stile flexibel ein und ändern ihn immer so, dass er zum Kontext passt. Wobei sie keine Checkliste mit sich herumtragen und dann nachschlagen, welcher gerade am geeignetsten ist, sondern sie reagieren flexibel, weil sie das ganze Repertoire beherrschen. Und das kann man lernen.


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Gesunder Menschenverstand

Fangen wir mal ganz hinten an: Jemand, der gewohnt ist, Anweisungen zu geben und erwartet, dass man diese strikt befolgt, kann sicherlich üben, sich mal zurückzunehmen und zu erfragen, welche Vorgehensweise denn die anderen vorschlagen würden. Nicht einfach, aber durchaus möglich.

Dass es absurd wäre, eine Art Checkliste zu führen und dann zu nachzuschlagen nach dem Motto: „Ah, heute ist ein Einzelgespräch dran, jetzt muss ich auf „coachend“ umschalten …“, leuchtet ein. Aber was soll man dann von dem Modell halten?

Schauen wir uns die angeblichen „Stile“ an: Autoritär? Na klar, wenn der Einsatzleiter der Feuerwehr vor Ort keine klaren Anweisungen gibt, sind alle verloren. Oder der Chirurg bei der Operation, dann ist das bitter für den Patienten. Aber wenn er in Teambesprechungen erwartet, dass alle seinen Anweisungen Folge leisten, dann wird er reine Befehlsempfänger haben.

Wenn ein Mitarbeitender zur Führungskraft mit einem Problem kommt, und dieser ihm die Vision vor die Nase hängt, dann wird das ebenso wenig helfen, wie wenn er ihm empfiehlt, sich mehr anzustrengen, um eine Top-Leistung abzuliefern. Natürlich sollte er dann ein „coachendes“ Gespräch führen.

Apropos „leistungsbetont“. Angeblich ist dieser „Stil“ ja für besonders motivierte Fachleute sinnvoll. Ist eine Spitzenleistung nicht in jedem Team ein Thema? Aber vielleicht sind damit ja auch Servicekräfte, Handwerker, Musiker, Lehrer usw. gemeint.

Stichwort „autoritativ“: Wenn der Neue ins Team kommt, dann sollte die Führungskraft ihm natürlich erklären, was das übergeordnete Ziel und meinetwegen auch die Mission ist, und ihn nicht demokratisch fragen, was er sich denn so vorstellt, woran man gemeinsam arbeiten sollte. Aber was hat das mit „Führungsstil“ zu tun? Das ist schlicht gesunder Menschenverstand.

Warum also Führungsstile?

So wie wir Kindern unmissverständlich deutlich machen, dass sie zur Schule zu gehen haben, aber sie durchaus fragen, was sie gerne am Wochenende unternehmen möchten. Und klar ist auch, dass ein rigides, einseitiges Verhalten (sei es autoritär oder demokratisch oder affiliativ) in jeder Situation wenig erfolgversprechend ist. Auch gesunder Menschenverstand.

Will sagen: Führungskräfte sollten klar machen, welchen Umgang sie in welcher Situation für angemessen halten. Dass sie im Notfalleinsatz keine Diskussionen führen, aber in Teammeetings alle Meinungen hören und in die Entscheidungsfindung einbeziehen wollen. Dass sie bei persönlichen Anliegen keine Ratschläge geben, sondern zuhören. Und dass ihnen am Teamklima gelegen ist und daher gegenseitige Unterstützung erwarten und gewähren. Und welches Leistungsniveau sie erwarten, weil es zum Kundenversprechen gehört.

Wozu braucht es da so etwas wie Führungsstile?

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