23. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Spielend zum Change?

KRITIK: Das ist in der Tat eine interessante Herausforderung: Wie verändert man das Verhalten der Mitarbeiter eines Konzerns in eine gewünschte Richtung, ohne zentrales Controlling und „globale Rollout-Aktivitäten“? Bei Bayer versucht man es mit Werten und einem Teamspiel, erklärt der Change-Manager Matthias Schramm im Interview („Wir müssen vertrauen“)

Laut diesem hat man erst einmal intensiv darüber nachgedacht, warum alle jeden Morgen regelmäßig zur Arbeit kommen. Und festgestellt, dass die Unternehmensmission ein gutes Motiv ist: „Science For A Better Life“. Außerdem hatte man schon vor Jahren vier Werte hervorgehoben: Leadership, Integrität, Flexibilität und Effizienz (kurz LIFE). Blieb noch ein Schritt: Weil man Werte wie die genannten nicht messen und überprüfen kann, mussten noch vier Verhaltensweisen her, die da heißen: „Vertrauen, Zusammenarbeit, Experimentierfreude und Kundenorientierung“.


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Da ist der Leser arg verblüfft. Schon beim Wert „Leadership“ stutze ich. Erst recht bei den sogenannten Verhaltensweisen: Seit wann ist Vertrauen eine Verhaltensweise? Und dann muss man schließlich schmunzeln: Der Change-Manager erklärt, dass sich diese „konkreten Verhaltensweisen“ problemlos in bestehende Zielvereinbarungen und Mitarbeiterbefragungen integrieren lassen. Ist doch wunderbar, da muss man gar nichts an all den schönen Instrumenten ändern. Was dann?

Wenn ich das richtig verstehe, gibt es vor Ort in den Regionen Change-Manager, die mit Material, Workshopformaten und -konzepten ausgestattet sind. Damit können dann regionale Teams eigene Change-Aktivitäten anstoßen. Das Material kriegen sie über eine Intranetplattform. Hier wird zudem regelmäßig über Aktivitäten berichtet, und die regionalen Teams wurden aufgefordert, eigene Berichte einzustellen. Das soll wunderbar funktioniert haben, der Bekanntheitsgrad der vier Verhaltensweisen stieg auf 60%, ein halbes Jahr später kannten sie schon 70% der Befragten.

Dazu beigetragen hat auch ein Teamspiel, das vom Change-Management entwickelt und weltweit verschickt wurde. Die Mitarbeiter wurden per Anschreiben gebeten, sich darauf einzulassen, angeblich haben mehr als 10.000 Mitarbeiter inzwischen teilgenommen. Das Spiel regt zu Diskussionen über die vier Verhaltensweisen an und endet mit einer Vereinbarung, die von allen unterzeichnet und in einer Glasflasche verschlossen wird. Beim nächsten Treffen wird die Flasche wieder geöffnet und an der Vereinbarung angeknüpft.

Ich bin mehr als skeptisch. Das Top-Management formuliert Werte und Wunschverhalten, eine eigene Change-Abteilung entwickelt Workshop-Formate, eine Intranet-Seite und ein Teamspiel, all das wird fleißig in der Organisation verteilt, anschließend per Mitarbeiterbefragung geprüft, ob die Mitarbeiter schon mal von den Werten gehört haben. So kann man zwar sein eigenes Tun bzw. dessen Folgen dokumentieren, aber führt das zu den gewünschten Veränderungen? Zumal mir das mehr als seltsam vorkommt, dass man ein anderes Verhalten wünscht, aber offenbar nichts an Strukturen verändert.

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