INSPIRATION: Ein Bäcker, der wie sein Vater und sein Großvater sein Leben lang in der Backstube stand, sucht einen Nachfolger und findet ihn über eine Unternehmensbörse. Seine Backstube existiert also weiter, er selbst legt immer noch Hand an, backt in Teilzeit Süßwaren. Sein Nachfolger hingegen hat sein Glück gefunden, auch wenn er heute weniger Zeit hat als zuvor als Angestellter und auch weniger Geld.
Eine schöne Geschichte, die sich so aber nicht immer zuträgt. Das Thema ist bekannt, hier ein paar Zahlen: Bis 2026 sollen in Deutschland ca. 190.000 Unternehmen zum Verkauf stehen, darunter vor allem kleinere oder mittlere Betriebe. Wie viele tatsächlich verkauft werden, ist offenbar nicht so leicht zu ermitteln. In der Brand eins ist die Rede von 150.000 im Jahr (Die Kuppler des Mittelstandes). Vor allem im Handwerk ist die Lage kritisch. Ca. 8.500 von ihnen müssen in den nächsten zwei Jahren einen Nachfolger finden, 40% von ihnen gelingt das nicht.
Insgesamt gelten 3,3 Millionen der 3,7 Millionen Unternehmen hierzulande als Familienunternehmen, also solche, die Eigentum von Familien sind und deren Leitung größtenteils in ihrer Hand liegt. Nachfolger in der eigenen Familie finden vermutlich nur noch 34%. Was früher von Generation zu Generation weitergegeben wurde, wird immer häufiger also verkauft.
Unternehmen als Ware
Womit Unternehmen zur Ware werden. Und, wie wir wissen, auch immer häufiger genau zu diesem Zweck gegründet werden, Stichwort Start-up. Die „wahren“ Familienunternehmer tun sich damit allerdings schwer, sie würden es oft gerne sehen, wenn das Lebenswerk in der Hand der Kinder bliebe. Da müssen Vermittler schon mal Überzeugungsarbeit leisten. Sie suchen dann interessierte Gründer. Und was das Lebenswerk betrifft, so versuchen sie die Verkaufssumme als Wertschätzung für selbiges darzustellen. Die Käufer sind allerdings zum größten Teil große Unternehmen, die die kleinen schlucken, oder Private-Equity-Firmen.
Apropos Ware: Eine mögliche Argumentation ist, dass halt der Markt so funktioniert. Wenn kein Käufer gefunden wird, dann wird sich schon irgendwo ein Start-up finden, das die Lücke füllt. Aber ein hier zitierter Vermittler aus der Nachfolgezentrale Berlin sieht das etwas anders, schließlich geht viel Wissen und Können verloren, wenn Familienbetriebe schließen. Zudem ändern sich auch die Eigentumsverhältnisse: Wenn viele kleine Betriebe in größeren aufgehen oder in die Sammlung von Beteiligungsgesellschaften fallen, dann droht eine Marktkonzentration, die letztlich Folgen für uns Konsumenten hat.
Am Ende aber, so der Vermittler, entscheidet der Inhaber, an wen er verkauft. Und da scheint nicht immer der Preis entscheidend zu sein. Manch einer möchte sein Lebenswerk lieber wieder in die Hand einer Familie geben, auch wenn das mit dem Preis als Wertschätzung offenbar nicht gut funktioniert. Der Bäcker hat für 50.000 Euro verkauft, der mittlere Verkaufspreis liegt bei 83.000 Euro. Als Altersvorsorge dürfte das kaum reichen.
Übrigens haben sich die beiden Bäcker über die größte Unternehmensbörse in Deutschland gefunden. Nexxt-Change wird vom Wirtschaftsministerium und der KfW-Bankengruppe betrieben und dürfte vor allem für die kleinen Betriebe eine Chance darstellen.