REZENSION: Frederic Laloux: Reinventing Organizations visuell: Ein illustrierter Leitfaden sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit. Vahlen 2016
Das Original-Buch hatte mir Kollege Stulle „weggeschnappt“, ich hatte schon viel über den Titel „Reinventing Organizations“ gehört und gelesen. Als jetzt der „Illustrierte Leitfaden sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit“ herauskam, war ich mehr als neugierig. Das Buch ist eine Art „Management-Comic“ – mit anschaulichen Illustrationen versehene sehr kurze Texte, die ebenso anschaulich und einfach verfasst sind.
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Personal- und Organisationsentwicklung, die über Trainings- und Prozessoptimierung hinausgeht.
Wir glauben an die unbegrenzten Entwicklungsmöglichkeiten von Menschen, Strukturen und Prozessen. Unsere Mission ist es, Personen und Unternehmen bei dieser Entwicklung zu begleiten und sie dabei zu unterstützen, ihre Ziele zu erreichen.
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In Teil 1 wird die Geschichte der Menschheit oder besser der Organisationsmodelle, die sich die Menschen bei Zusammenschlüssen verpasst haben, dargestellt. Angefangen von der impulsiven Weltsicht (Wolfsrudel und Straßengang), über die konformistische Weltsicht (stabile Organigramme wie in der Katholischen Kirche und Armeen), die moderne leistungsorientierte Weltsicht (mit Orgranisationen als Maschinen) hin zur postmodernen pluralistischen Weltsicht (Stichworte: Impowerment, Werteorientierung und Stakeholder-Orientierung).
Dabei kann wohl nicht von Phasen ausgegangen werden, denn diese Modelle existieren ja heute noch alle nebeneinander. Laloux hat recherchiert, sich 50 Organisationen angeschaut und 12 gefunden, die seinen Kriterien der „evolutionären Weltsicht“ entsprechen. Was diese auszeichnet, zeigt der Rest des Buches. Die wesentlichen Merkmale sind:
- Die Welt als Ort der individuellen und kollektiven Entfaltung
- das Ego loslassen
- auf die innere Stimme hören
- die Suche nach Ganzeit.
Klingt esoterisch, aber wenn man dann die Geschichten aus den Unternehmen liest, wird es schnell sehr praktisch. Wobei eine Organisation immer wieder als Musterbeispiel herhalten muss: Buurtzorg, eine Organisation der ambulanten Krankenpflege in den Niederlanden. Wie diese funktioniert und mit welcher Gelassenheit und gesunden Menschenverstand sie geführt wird, das macht einfach Spaß zu lesen. Man fragt sich mehr als einmal, warum es denn nicht genauso überall sein kann…
Die zentralen Themen: Selbstführung, keine Machthierarchie, keine Vorgesetzten, keine Anreizsysteme – aber schon mit Hierarchien. Wie das? Laloux nennt das „natürliche Hierarchien„. Etwas, dass die klassischen Hierarchen eher als Bedrohung fürchten: Jeder ein Chef? Das gibt doch Chaos und Machtkämpfe ohne Ende.
Gibt es nicht. Es geht nämlich nicht darum, „dass alle gleich mächtig werden, sondern dass alle vollkommen mächtig werden.“ Niemand hat Macht über andere, „es geht vielmehr darum, dass alle Mitarbeiter zum stärksten, gesündesten Ausdruck ihrer selbst werden.“ (S.79)
In dem Buch finden sich auch etliche Praktiken des täglichen Miteinanders, z.B. einen Achtsamkeitstag viermal im Jahr (in Heiligenfeld). Diese kann man mögen, muss man aber nicht, weil das wird schnell klar: Auch wenn die zwölf Organisationen bestimmten Mustern folgen, so ist die Ausgestaltung der Prinzipien sehr unterschiedlich.
Ach ja: Falls Sie sich fragen, welche Funktion ein CEO in solchen Organisationen noch hat, so werden Sie auch darüber aufgeklärt: Er ist das öffentliche Gesicht der Organisation, der Sensor dafür, wohin es gehen soll und „er hält den Raum für die evolutionären Strukturen und Praktiken.“ Unklar? Dann bitte selbst lesen.
Mir hat das Buch großen Spaß gemacht und ich hätte ebenso großen Spaß daran, in einer solchen Organisation zu arbeiten.