21. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

ESG – Schluss mit lustigem Greenwashing

INSPIRATION: Das Thema Nachhaltigkeit galt lange als politisch vermintes Gelände. Und so manches Unternehmen versuchte, sich mit Green Washing aus der Affäre zu ziehen. Ein Schuss, der zumeist nach hinten losging.

Doch seit Neuestem spüren die Unternehmen nicht nur lästigen Konsumentendruck. Oder den politischer Parteien. Die man dann aus Frust mal eben abwählen kann. Die „Karawane“ ist längst weitergezogen und kommt nun mit Macht zurück: Jetzt rappelt es im juristischen Karton. Schuld daran hat u.a. die EU. Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), European Sustainability Reporting Standards (ESRS), Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) oder die Taxonomie-Verordnung der EU (EU-Taxonomie) – so heißen die Daumenschrauben, die die Unternehmen in die Pflicht nehmen. Man könnte es auch mit einer Abkürzung ausdrücken:


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ESG

Und das steht für Enviroment, Social & Governance. Diese drei Faktoren sind die neue Maßgabe. Glaubte man zu Beginn, dass seien alles nur schöne Phrasen, stellte man schnell fest, der Finanzsektor hat sich da schon drauf eingeschossen. Es geht nun für die Unternehmen ans Portemonnaie. Der Wettbewerbsrahmen verschiebt sich. „Tatsächlich versucht die EU-Kommission, im Rahmen des ‚Green Deals‘ die Wettbewerbsordnung an zahlreichen Stellen so umzugestalten, dass die Wirtschaft und Kapitalmärkte treibende Kräfte einer sozial-ökologischen Transformation werden.“ Die neue Green-Deal-Wirtschaft, so Autor Arved Lüth (Stufen, Phasen, Brüche der ESG-Transformation), fördert regeneratives Wirtschaften.

Zum Beispiel über den Kapitalmarkt. Aber auch über die Lieferketten. Und es beginnt bei den großen Unternehmen. Aber der Druck wird an den Mittelstand und die kleinen Unternehmen weitergereicht. Dann ist Schluss mit lustig. Der Autor liefert schon einmal zehn Schritte, die Change- und/oder Sustainability-Teams ablaufen müssen, um nicht den Anschluss zu verlieren.

Und insofern ist es höchst spannend, einmal einen Blick darauf zu werden, wie Unternehmen auf die neuen Herausforderungen reagieren. Die changement! wartet in der aktuellen Ausgabe mit einem Schwerpunkt auf.

Unternehmensbeispiele

Das Preisvergleichsportal idealo beispielsweise wurde mit dem Internet groß. Es ist heute 25 Jahre alt. Es hatte früh das Thema Nachhaltigkeit im Blick. Seit zehn Jahren gibt es dort, schildert Autorin Jeruscha Schanda (Mit den Mitarbeitenden zu mehr Nachhaltigkeit) das Greenteam. „Angefangen hat es mit einer Handvoll Mitarbeitender, die sich für Themen rund um Nachhaltigkeit und Klimaschutz interessierten und zusammenfanden.“ Daraus wurde eine abteilungsübergreifende Arbeitsgruppe aus freiwilligen Mitarbeitenden, die sich regelmäßig trifft. Eine Graswurzelbewegung – bottom-up. Das Unternehmen sponsert deren Engagement durch (Arbeits-)Zeit, Raum und Budget.

Aber solches kommt an natürliche Grenzen. Der eigene Job will schließlich auch erledigt werden. So erkannte idealo, dass es mehr braucht. Deshalb wurde ein Sustainability-Team eingerichtet, das sich hauptamtlich (top-down) um die Nachhaltigkeitsstrategie kümmert. Oder um den Nachhaltigkeitsbericht. Beide Initiativen können sich gut ergänzen. Und so wirft man sich die Bälle zu: Veranstaltungen, Volunteering, Intranet, Newsletter, Chatgruppen und so weiter.

Dicke Bretter (und Rohre)

Schauen wir uns ein anderes Beispiel an. Eines aus der Chemieindustrie. Covestro ging aus der Kunststoffsparte der Bayer AG hervor. Das Unternehmen kann man als „alte“ Industrie bezeichnen. Und der Verdacht liegt nahe, der „geborene Umweltverschmutzer“ wird sich schwertun mit dem Thema Nachhaltigkeit: Doch im Interview mit dem Head of Group Innovation and Sustainability, Torsten Heinemann (“Es gibt keine Innovation mehr, die nicht nachhaltig ist”), vernimmt man andere, unerhörte Töne. Es geht um Kreislaufwirtschaft. Man möchte im Jahr 2035 die operative Klimaneutralität erreicht haben. Nachhaltigkeit ist Strategie.

Proaktiv will man das Recycling schon bei der Produktentwicklung mitdenken. Und: „Da, wo wir selbst innovieren können, treiben wir nachhaltige Produktentwicklung voran.“ Das Unternehmen experimentiert inzwischen damit, statt Erdöl zu verwenden, auf pflanzliche Biomasse für die Anilin-Produktion auszuweichen. Oder alte Matratzen wieder zu recyclen. Der Schaum wird dabei wieder in seine Hauptkomponenten zerlegt. So kann man dann wieder neue produzieren.

Kultureller Wandel

Nun bekommt die Leserschaft hier nichts über den Wirkungsgrad erzählt; das wäre sicher noch mal eine spannende Diskussion. Aber dass man viel Energie fürs Geschäft benötigt. Und man deshalb Windparks braucht und Power Purchase Agreements, um sich grünen Strom zu sichern. Und all das ist seit dem Jahr 2019 gewollt, kommt von oben, wird mit den Werten Mut, Vielfalt und Neugier angetrieben. Innovation und Nachhaltigkeit gehen Hand in Hand. Daher braucht es Schulungen und Weiterbildungen. Und man verändert auch die Organisation hin zur Agilität. Das braucht einen langen Atem. So wäre ich doch arg gespannt, in zwei bis drei Jahren wieder vom Unternehmen zu hören.

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