INSPIRATION: Wie funktioniert Veränderung wirklich? Mehr noch: Wie funktioniert gesellschaftliche Transformation? Die Frage ist allgegenwärtig, und in einem sehr schönen Beitrag in der Brand eins lüftet ein Professor für Medienwirtschaft für uns das Geheimnis (Die Intelligenz der Praxis). Anlass ist der 25. Geburtstag der brand eins, und so viel sei vorweg genommen: Sie hat uns in 25 Jahren vorgemacht, wie Veränderung gelingen kann. Wie?
Zunächst einmal was nicht funktioniert. Bernhard Pörksen hat vier Vertreter identifiziert, die mit den ewig gleichen Mitteln ihre Sicht der Dinge unters Volk bringen, als da wären: Die Rezeptologen, die genau wissen, wie man die Welt verbessert, wenn man ihnen denn nur folgt. Die Pädagogen mit dem erhobenen Zeigefinger, „angeekelt vom Egoismus der Menschen, der entfesselten Gier“. Die Alarmisten, die Angst und Schrecken verbreiten und ihre Verzweiflung herausschreien, damit der Mensch in Panik gerät und endlich etwas unternimmt. Und die Utopisten, die begeistert von einer ganz anderen, einer besseren Welt fasziniert sind.
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Produzieren viele Kritiker bloß Reaktanz?
Alle wiederholen stetig ihre Botschaft wie Aufziehpuppen aus Kindertagen, aber erzeugen am Ende nur Reaktanz. Am Ende gibt es keine Annäherung, nur Blockade und sinnlose Kulturkämpfe, Veränderung geschieht nicht. Pörksen gibt zu, dass auch diese Sicht auf die Dinge Polemik ist und auch der Zyniker einem Skript folgt. Aber dann nimmt er eben die Brand eins als Beispiel, die eben seit dem ersten Erscheinen keinen dieser vier oder – nimmt man den Zyniker hinzu, der aber nicht verändern will – fünf Wege geht.
Welchen dann? Kein „Thesendonner“, keine „akademische Abstraktion“, kein „rhetorischer Schaum“. Stattdessen „gesunder Menschenverstand, der auf das Konkrete geht“ (Hegel). Sie führt uns Geschichten des Gelingens vor und zeigt uns damit, was alles möglich sein könnte. Statt dem Leser ständig zu zeigen, was alles schiefgeht und Schreckensnachrichten zu verbreiten, wodurch am Ende nur noch Resignation, Zynismus oder Eskalation steht, bildet sie eine Fundgrube für Fallstudie. Sie schaut Menschen (Selbstständigen, Wissenschaftlern, Politikern, Unternehmern) dabei zu, wie sie an Lösungen arbeiten.
Besser: Geschichten des Gelingens verbreiten
Das sind sicher nicht die großen Lösungen, die alles verändernden Maßnahmen, die die allumfassende Veränderungen möglich machen. Es sind kleine Schritte, von denen sicherlich auch etliche in einer Sachgasse enden. Gleichzeitig sind diese Geschichten ein „Archiv der Zukunft“, und wir bei MWonline freuen uns, viele davon aufgreifen und weiter verbreiten zu dürfen.
Ich gestehe, dass es mir immer schwerer fällt, nicht in eine der oben aufgeführten Rollen zu verfallen, und die des Zynikers ist mir auch nahe. Wenn ich dann die Berichte über Menschen lese, die beharrlich an kleinen Lösungen arbeiten, kommt mir auch der Gedanke: All das wird die Welt nicht mehr retten. Andererseits: Was dann, wenn nicht genau das? Auch wenn die Zeit drängt …