21. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Fremde ansprechen

INSPIRATION: Wer hin und wieder öffentliche Verkehrsmittel nutzt, kennt das Phänomen. Wir suchen einen freien Platz, am liebsten einen, wo wir weder neben einem anderen Fahrgast oder gegenüber einem solchen sitzen. Erst wenn es keine derartigen freien Plätze gibt, akzeptieren wir die Nachbarschaft. Das tut uns nicht gut. Interessante Erkenntnisse mehrerer Studien.

Forscher der University of Chicago haben untersucht, wie es Menschen nach einer Fahrt im Zug nach Chicago ging, wenn sie ein Gespräch mit Fremden starteten und verglichen die Antworten mit denen der Menschen, die ohne Kontakt die Fahrt verbrachten (Nicholas Epley partners with BBC…). Zuvor fragten sie nach der Haltung zu Gesprächen mit Fremden. Die Teilnehmer der Studie glaubten, das lediglich 40% der Mitreisenden bereit seien, mit ihnen zu sprechen – tatsächlich aber war es fast jeder. 


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Die Erkenntnisse waren eindeutig: Diejenigen, die Kontakt zu anderen aufnahmen, fühlten sich nach der Reise deutlich besser – das genaue Gegenteil dessen, was sie zuvor angenommen hatten. Der Effekt trat auch auf, wenn sie nicht selbst die Initiative übernommen hatten, sondern von Fremden angesprochen wurden.

Gesellschaft

Die Forscher wiederholten den Versuch mit Reisenden in Bussen und Taxis, aber auch in Warteräumen, z.B. in Waschsalons. Das Phänomen blieb das gleiche, ebenso unter Zug- und Busreisenden in London.

Es gibt ein großes Missverständnis bei Menschen in Bezug auf die Bereitschaft anderer Menschen, mit ihnen in sozialen Kontakt zu treten, stellen die Forscher fest. Obwohl längst bekannt ist, dass Einsamkeit und fehlender sozialer Kontakt zu Stress und psychischen Erkrankungen führen.

Und nun? Für alle, die skeptisch sind oder nach wie vor zurückschrecken davor, wildfremde Menschen anzusprechen, sei es im Supermarkt, im Café, in der Bahn, im Wartezimmer – die Empfehlung lautet, es einfach zu riskieren. Aber was heißt schon „riskieren“? Man „riskiert“ maximal, zurückgewiesen zu werden, aber diese Befürchtung ist, glaubt man den Wissenschaftlern, nahezu unbegründet.

Podcast

Ich bin auf die Studie gestoßen, weil sie im Podcast „180-Grad: Geschichten gegen den Hass“ erwähnt wurde – übrigens eine unbedingt zu empfehlende Serie aus sieben Folgen (Dankeschön an Gitte Härter für den Tipp). Mir gefiel die Idee, die der Autor Bastian Berbner nebenbei erwähnte: Wie wäre es, wenn man bei der Sitzplatzreservierung für eine Bahnfahrt freie Plätze neben bereits reservierten kostenlos bekäme? 

Ähnlich ist auch der inzwischen weit verbreitete Ansatz, Architektur so zu gestalten, dass sich die Menschen begegnen müssen. Ob in einem Bürogebäude, in Innenstädten, in Wohnhäusern – wo auch immer.

Noch mal zurück zu der Idee, Kontakt aufzunehmen, ohne die Sorge zu haben, auf Ablehnung zu stoßen. Ich hatte gestern ein längeres Telefonat mit einer Mitarbeiterin meines Mobilfunkanbieters. Die Technik machte nicht sofort mit, und ich meinte, Kinderstimmen im Hintergrund zu hören. Während sie sich also durch ihre Menüs klickte, fragte ich, ob sie im Homeoffice wäre. Ich habe selten ein so nettes Gespräch mit einer mir völlig unbekannten Person gehabt. Und anders als sonst, wenn ich extrem entnervt nach Gesprächen mit Hotlines bin, hat dieses meine Laune sehr gehoben.

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