PRAXIS: Die Art und Weise, wie wir miteinander sprechen oder über Dinge reden, verändert nicht nur die Wahrnehmung, sondern auch unser Verhalten und unsere Einstellung. Das gilt natürlich auch für Führungsbeziehungen, in der Erziehung, in der Partnerschaft. Ein schönes Beispiel, wie Selbstverantwortung gefördert werden kann durch veränderte Kommunikation stammt von David Marquet, einem Kommandeur eines U-Bootes der US-Navy.
Ein Mitarbeiter kommt zu seinem Chef und sagt: „Können wir die Struktur der Ablage ändern?“ Oder: „Kann ich morgen einen halben Tag Urlaub nehmen?“ Oder: „Wie wäre es, wenn wir den Kunden anrufen, bevor wir die nächste Mahnung rausschicken?“ Die Botschaft bei allen drei Beispielen lautet: „Darf ich das?“ oder: „Erlaube mir, das zu tun!“ Eine Kommunikation von unten nach oben, eine „Follower-Leader“-Interaktion.
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Wie sähe es aus, wenn Mitarbeiter zu ihrer Führungskraft (aber genauso zu ihrem Teamkollegen, Kunden etc.) kämen und ihre Sätze beginnen mit: „Ich beabsichtige, die Struktur der Ablage zu ändern!“ oder: „Ich werde morgen einen halben Tag Urlaub nehmen!“ oder „Ich plane, den Kunden noch einmal anzurufen, bevor wir die nächste Mahnung rausschicken!“ Der Unterschied ist gravierend, oder? Hier teilt jemand mit, was er als nächstes tun wird. Das ist eine Kommunikation auf Augenhöhe.
Neuer Kommunikationsstil
Auf der Santa Fe, einem Atom-U-Boot der US Navy, hat der Kommandant diese Form der Kommunikation eingeführt. Die übliche Antwort der jeweiligen Führungskraft lautete: „Sehr gut!“ Der Sinn, das Vorhaben überhaupt mitzuteilen, ist Kontrolle. Wenn jemand anderes weiß, was ich als nächstes tun werde, kann dieser Einwände, Bedenken äußern, dann kann ich noch mal neu nachdenken. Er kann es mir aber nicht verwehren – zumindest von der Art des Satzes her nicht.
Es zeigte sich auf der Santa Fe wohl bald, dass es mitunter nicht ausreicht, einfach nur sein Vorhaben anzukündigen. Schnell wurde es üblich, weitere Erklärungen anzuschließen. Auslöser war die Frage des Kommandanten auf eine solche Ankündigung: „Was glauben Sie, was ich über Ihren Plan denke?“ Antwort: „Sie fragen sich vermutlich, ob das auch wirklich sicher ist.“ Erwiderung: „Warum teilen Sie mir dann nicht einfach mit, warum es sicher ist, dann kann ich auch mit ‚Sehr gut‘ antworten.“
Die Kommunikation sieht also dann eher so aus: „Ich beabsichtige, den Kunden noch einmal anzurufen, bevor die nächste Mahnung rausgeht. Ich kenne ihn, der ist ansonsten sehr zuverlässig und wird uns sehr dankbar sein, wenn wir ihn persönlich erinnern. Und wenn es einen guten Grund gibt, dann kann ich gleich mit ihm überlegen, wie wir das Problem lösen.“
Vorstellbar, diese Form der Mitarbeiter-Führungskraft-Kommunikation einzuführen? Schon klar, man kann den Effekt leicht zunichte machen, wenn man als Führungskraft weiterhin Genehmigungen erteilt nach dem Motto: „Schön, dass Sie das vorhaben, aber so machen wir es sicher nicht!“ Kommander Marquet beschreibt sehr schön, dass er immer wieder in den alten Führungsstil zurückgefallen ist, und es auch erst lernen musste, auf Anweisungen zu verzichten. Ansonsten wäre der Einstig mit „Ich beabsichtige …“ auch schnell zur hohlen Phrase verkommen.
(aus: David Marquet – Reiß das Ruder rum! S. 84ff.)