INSPIRATION: Der Ausdruck „Kanarienvogel“ soll von Google stammen und eine Gruppe von Mitarbeitern im Unternehmen bezeichnen, die einfach anders denken und neue Entwicklungen besonders gut vorhersehen können. Kann man Querdenker „züchten“?
Die Frage taucht in regelmäßigen Abständen auf: Unternehmen brauchen Menschen, die ihren Mund aufmachen, wenn sie Dinge anders sehen als der Rest – vor allem gegenüber den Führungskräften. Andererseits sind diese Menschen arg lästig, weil sie Arbeit machen.
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Wo verläuft die Grenze zwischen Querulantentum und Querdenken?
Diese Frage beantwortet der Beitrag in der managerSeminare (Querdenker gesucht) nicht, wohl aber zeigt er auf, dass es mit dem Wohlwollen gegenüber nonkonformistischem Verhalten in Unternehmen nicht weit her ist. Neben der Google-Idee, besonders kritische Mitarbeiter in einer eigenen Gruppe zusammenzufassen, werden hier weitere Tipps vorgestellt, als da wären:
- Klar kommunizieren, dass Widerspruch gewünscht ist. Bei der Investment-Firma Bridgewater Associates heißt es angeblich: „Wer nicht widerspricht, fliegt raus.“
- Die pragmatischen Nonkonformisten im Unternehmen aufspüren und fördern – gemeint sind diejenigen, die kreativ und konstruktiv sind. Also eben nicht die Nörgler und Nein-Sager, sondern diejenigen, die eigene Ideen verfolgen und dafür auch Mitstreiter suchen.
- Regeln für das Querdenken aufstellen – also „Regeln für den Regelbruch“. Das stelle ich mir schwer vor – wie will man Menschen vorgeben, welche Art von Widerspruch gefragt ist und welcher nicht?
- Querdenkern eine Plattform bieten – ein interessantes aber bekanntes Beispiel ist die rote Kiste bei Adobe. Damit sollen Mitarbeiter motiviert werden, eigene Ideen abseits der offiziellen Aufgaben zu verfolgen.
- Mitarbeiter animieren, Probleme zu melden. Es gibt Manager, die nichts von Problemen hören wollen, sondern immer gleich nach Lösungen fragen. Das aber bringt Mitarbeiter rasch zum Schweigen – mit der Konsequenz, dass die Probleme zu spät erkannt werden. Bei Bridgewater will der Chef deshalb nur von Problemen hören und fordert Mitarbeiter auf, ein Problemtagebuch zu führen.
- Mitarbeiter auffordern, Ideen zu entwickeln, um das eigene Unternehmen aus dem Markt zu drängen.
Oder: Hofnarren?
Ausprobieren, kann man da nur sagen. Allerdings gibt es da eine Studie, die in dem Beitrag erwähnt wird, und die lässt Zweifel an der Sinnhaftigkeit der meisten Ansätze aufkommen. Laut Adam Grant (Nonkonformisten: Warum Originalität die Welt bewegt), der Experimente zu dem Thema gemacht hat, trauen Teammitgliedern denjenigen, die den Auftrag haben, sich kritisch zu äußern, weniger als denjenigen, die aus eigener Überzeugung heraus Widerspruch einlegen. Es hilft demnach also nur bedingt, „beauftragte Kritiker“ zu installieren.
Kann man irgendwie nachvollziehen, oder? Wenn ich weiß, dass der Kollege die Rolle des Kritikers hat, dann kann ich seine Einwände locker abtun mit dem Hinweis: „Er muss das ja jetzt sagen, das ist schließlich sein Job …“ Wenn jemand hingegen aus innerer Überzeugung heraus widerspricht, dann werde ich ihm eher zuhören.
Bleibt also die Frage, wie man Menschen dazu bringt, ihre Meinung zu sagen, auch wenn diese nicht gerade Freude auslöst und den Lauf der Dinge empfindlich stört? Da gibt es dann doch nur eine Antwort: Nicht nur kommunizieren, dass Widerspruch gewünscht ist, sondern jedem, der widerspricht, zuhören und in den Dialog gehen. Nach meiner Erfahrung sind gerade Top-Manager nicht gerade Meister im Zuhören, dann hilft die Aufforderung zum Querdenken wenig.