26. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Mikrostress und Burn-on

INSPIRATION: Schon wieder zwei neue Phänomene? Oder einfach nur zwei neue Begriffe, die genauso schnell verschwinden wie sie aufgetaucht sind? Schauen wir mal. Rob Cross und Karen Dillon wollten herausfinden, was Top-Talente in Konzernen vom Rest der Belegschaft unterscheidet. An sich schon wieder eine seltsame Fragestellung, mit einem allerdings unerwarteten Ausgang. Die begehrte Gruppe zeigte sich als „Pulverfässer voller Stress“ – wobei sie sich des Phänomens gar nicht mal bewusst war (Die Dosis macht das Gift).

Was ist damit gemeint? Was ich verstanden habe: Ihre Tage sind vollgepackt mit Aufgaben, ständig kommt Neues hinzu. Sie gehen ununterbrochen die „Extrameile“, weil das von ihnen erwartet wird bzw. sie glauben, dass es so ist. Ob im Job oder zu Hause: Sie kommen nie zur Ruhe, sind häufig genervt, grübeln vor dem (späten) Einschlafen und wachen erschöpft auf. Aber sie brennen nicht aus (Burn-out), sondern geben immer wieder alles, brennen kontinuierlich weiter (Burn-on) und packen auch noch ihre Selbstoptimierungsbemühungen oben drauf – Joggen, Meditation, Fitness-Training. Das lässt sich offenbar über viele Jahre durchhalten, ohne zum völligen Zusammenbruch zu führen.


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Drei Dimensionen von Mikrostress

Amerikanische Forscher wären nicht das, was sie sind, wenn sie nicht mindestens drei Dimensionen von Mikrostress auftreiben könnten, als da wären:

  • Beeinträchtigung der eigenen Leistung: Stetig wachsende Verantwortung und zu wenig Kommunikation im Team
  • Aufbrauchen der emotionalen Reserven: Sorge um andere und konfrontative Gespräche
  • Herausforderung der Identität: Entscheidungen treffen, die nicht zu den eigenen Werten passen

Die Kategorisierung klingt für mich nicht wirklich einleuchtend, aber dass die einzelnen Faktoren (mehr Verantwortung, wenig Kommunikation usw.) belastend sind, lässt sich nachvollziehen. Und in der Tat: Wenn ich mich so umschaue, dann kenne ich durchaus eine Reihe von Menschen, denen es schwerfällt, diese Balance zwischen „Ranklotzen“ und Entspannen zu erzielen.

Und die Gegenmaßnahmen?

Naja, wenn die entscheidende Ursache das Erfüllen von Erwartungen anderer (ob nun tatsächlich oder vermutet) ist, dann hilft vor allem „Nein-Sagen“. Eben nicht jeden Ball auffangen, der gerade herumfliegt oder von jemandem in die Luft geworfen wird.

Großartiger Tipp, das mit dem „Nein-Sagen“. Wie funktioniert das? Vielleicht hinterfragt man mal die Erwartungen? Da könnte ja schon so eine einfache Frage wie: „Erwarten Sie eigentlich, dass ich … bis … erledige?“ Und falls ja, es mit einer Skalierungsfrage probieren (auch beim eigenen Chef!): „Auf einer Skala von eins bis zehn, wie wichtig ist Ihnen diese Idee?“

Auch hier kenne ich Menschen, die gegenüber Führungskräfte solche oder ähnliche Klärungsfragen gestellt haben. Z.B. „Ich habe im Moment folgende Aufgaben auf dem Tisch liegen … Wie wichtig ist der neue Auftrag? Geht er vor? Wenn ja: Welche Aufgaben können dafür liegenbleiben?“

Ich gebe zu, ich kenne noch mehr Menschen, die diese Fragen nicht stellen würden – weil sie das schon als Schwäche erleben und sich sorgen, als nicht belastbar wahrgenommen zu werden. Wobei ich denke, dass, wenn diese Sorge zu Recht besteht, die Umgebung schon ungesund ist. Andererseits: Die oben untersuchten „Top-Talente“ haben sich genau diese Umgebung ja selbst ausgesucht.

Übrigens finden Sie einige sehr hilfreiche Tipps zum „Nein-Sagen“ bei MWonline: Nein-sagen trainieren.

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