4. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Mit Haut und Haaren

KRITIK: Die Frage drängt sich auf, wenn man die Geschichten obsessiver Gründer liest, die sich mit Haut und Haaren ihrer Idee verschrieben haben und nicht eher ruhen, bis sich der Erfolg einstellt. Ohne Rücksicht auf andere oder die eigene Gesundheit. Braucht man das als Gründer?

Haben Sie vielleicht einen solchen Boss? Ständig „zwischen Wunsch- und Wahnvorstellung„, „zwischen hohem Selbstanspruch und Vermessenheit, gesunder Utopiesehnsucht und pathologischem Imponiergehabe„? In einem Beitrag der Wirtschaftswoche (Macht Wahn Sinn), der als Aufhänger den Tesla-Chef Elon Musk hat, aber auch Unternehmer wie Erich Sixt, Lars Hinrich oder Felix Haas zitiert, sind sich alle einig: Man braucht Besessenheit, ohne diese hält man nicht durch. Es folgen die bekannten Zahlen: In den USA scheitert jedes zweite Start-up, in Deutschland überlebt gar nur jedes dritte.

Soll das nun heißen, die Gründer der gescheiterten Unternehmen hätten diese Besessenheit nicht gehabt? Sicher nicht, könnte ja auch an der Geschäftsidee gelegen haben. Umgekehrt bin ich nicht mal sicher, ob jeder Gründer, der es geschafft hat, wirklich ein notorischer Optimist ist, eine Mischung aus „Perfektionismus, Rechthaberei und Kontrollwahn“ wie Steve Jobs oder Jeff Bezos.

Das hängt sicher auch von der Art der Vision ab. Wer Menschen zum Mars schicken will und Kapitalgeber von der Idee überzeugen muss, bei dem mag das stimmen. Zwei Botschaften in dem Artikel finde ich bemerkenswert: Das Bild des besessenen Gründers, der auf jeden Fall in ganz großen Dimensionen denken muss, ist relativ neu. Vorher galt als Ideal-Unternehmer eher der besonnene Kaufmann, der „stets auch nüchtern das Nächstliegende zu planen und sich zum Wohle seines Unternehmens in Zucht zu nehmen“ weiß. Dem Unternehmer, dem heute gehuldigt wird, hat erst der Finanzkapitalismus den Weg bereitet. Dieser „sanktionierte die Mäßigung und honorierte den Exzess… und erhob den Wahnsinn zum Geschäftsmodell„.

Der andere Gedanke (den man allerdings auch schon häufiger gelesen hat): Die Cleveren unter den Wahnsinnigen holen sich Mitstreiter an Bord, die ein Gegengewicht zu ihrer Besessenheit darstellen: Steve Jobs holte Tim Cook, Mark Zuckerberg Sheryl Sandberg, Serbey Brin und Larry Page gewannen Eric Schmidt als „Elterliche Aufsicht„.

Wie so oft wird die Geschichte zeigen, wie viel Größenwahn tatsächlich für dauerhaften Erfolg sorgt. Und ob die „Helden“ von heute später auch noch so bewundert werden oder ob man über sie und alle ihre Fans den Kopf schütteln wird. Nicht zufällig werden sie in dem Artikel mit den Erorberern früherer Jahrhunderte verglichen, die auch irgendwo auf der Grenze zum Wahnsinn agierten und deren Heldentaten sicher fragwürdig sind.

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