21. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Bild von lucasampaio auf Pixabay

MORE PIES

PRAXIS: Von wem kann man wohl am besten lernen, wie man richtig verhandelt? Klar, von Menschen, die damit umfangreiche Erfahrungen haben. Mehr noch: Die Verhandlungen führen müssen, bei denen Leben auf dem Spiel stehen. So lesen wir nicht zum ersten Mal von Tipps ehemaliger Verhandlungsführer bei Entführungen und Erpressungen, die heute als Berater bei kritischen Verhandlungen tätig sind (Happy happy). Der Autor im Harvard Business Manager (Lass sie reden!) erzählt zu Beginn, wie er mit Enführern eines Schiffs im Golf von Guinea vorging und sein Auftraggeber am Ende keine 5 Millionen, sondern lediglich 300.000 Dollar für die Freilassung der Geiseln bezahlte.

Das Erfolgsrezept? Wer sich ein wenig mit Kommunikation beschäftigt hat, wird sich nicht besonders wundern – es geht um Zuhören. Wenn sich beide Seiten uneinig sind, hilft es besonders, wenn man die „fünfte Stufe des Zuhörens“ erreicht, aber genau das tun wir in der Regel nicht, wenn wir anderer Meinung sind.

Die fünf Stufen des Zuhörens

Vorab: Es gibt eine goldene Regel, die man sich immer wieder und wieder ins Gedächtnis rufen sollte: „Es geht hier nicht um Sie!“ Es geht vor allem erst einmal darum, dass der andere sich gesehen, gehört und verstanden fühlt. Und wenn Sie glauben, Sie können gut zuhören, dann schauen Sie sich mal diese fünf Stufen an:

  1. Stufe: Wir hören nur so lange zu, bis wir glauben, den Kern dessen erfasst zu haben, was der andere sagen will. Dann fangen wir an, über eine Reaktion nachzudenken und schalten ab.
  2. Stufe: Wir hören so lange zu, bis das Gesagte einen Triggerpunkt bei uns erreicht und uns das passende Gegenargument einfällt. Und schon beginnt das Streitgespräch.
  3. Stufe: Hier geht es um Logik. Wir versuchen, die Argumente des anderen inhaltlich nachzuvollziehen. Das spielt sich allerdings ausschließlich auf der sachlichen Seite ab.
  4. Stufe: Wir versuchen, die Logik und die Emotionen nachzuvollziehen und können das auch in unserer Antwort zum Ausdruck bringen.
  5. Stufe: Das ist die Steigerung von Stufe 4. Hier wollen wir die Perspektive des anderen wirklich verstehen, uns in seine Lage hineinversetzen.

Nun mal ehrlich: Das soll möglich sein bei Verhandlungen mit Geiselnehmern? Oder, nicht ganz so dramatisch, bei Gehaltsverhandlungen mit Ihrem Chef? Ja, sagt der Autor, und er bietet sehr konkrete Praxistipps, von denen jeder einzelne sicherlich kein Neuland ist.

Mehr Kuchen

Für die sieben Tipps gibt es ein Akronym: MORE PIES. Es steht für

  • Minimale Ermutiger: Hier geht es erst einmal darum, dem anderen zu zeigen, dass man bei der Sache ist. „Mm-hm“, „Wirklich?“, „Interessant“ oder „und weiter?“ sind solche Ermutiger. Aber: Nicht zu häufig „Okay“ oder „Genau“ sagen, das könnte Zustimmung suggerieren.
  • Offene Fragen: Muss nicht näher erläutert werden – Fragen, die mit Was oder Wie beginnen und den anderen ermutigen, frei zu sprechen und seine Sicht darzulegen, was ihm wichtig ist und was vielleicht noch nicht zu Ende gedacht wurde. Die Warum-Frage ist zu meiden.
  • Spiegeln (reflecting back): Ganz einfach bestimmte Worte fragend wiederholen: „schneller?“, „keine Alternative?“, „Spielraum im Budget?“So können Sie Zeit gewinnen und der andere hat noch die Gelegenheit, seine Aussage zu überdenken oder zu präzisieren. Aber aufgepasst: Nicht exzessiv verwenden und vor allem die passenden Begriffe auswählen.
  • Emotionen benennen – und das wertfrei. „Sie sind unzufrieden?“, „Es klingt, als sei Ihnen Vetrauen wichtig!“, „Ich habe den Eindruck, Sie …“
  • Paraphrasieren: „Es scheint, als wollten Sie …“, „Korrigieren Sie mich, wenn ich mich irre!“, „Habe ich das richtig verstanden, dass …“ Warten Sie damit, bis der andere eine Sprechpause macht. Hier geht es vor allem darum, das keine Missverständnisse entstehen.
  • Ich-Aussagen: Ein alter Hut – beschreiben Sie, wie etwas auf Sie wirkt, nicht wie es angeblich ist: „Als Sie auf meinen Vorschlag ablehnend reagierten, war ich ziemlich frustriert!“ Damit gehen Sie nicht in die Konfrontation, aber machen deutlich, dass etwas nicht in Ihrem Sinn abläuft.
  • Effektive Sprechpausen: Man kann es gar nicht oft genug betonen – solche Pausen wirken Wunder. Also nicht immer sofort antworten, sondern hin und wieder aushalten, bis es sich ein wenig unangenehm anfühlt, ehe man weiterspricht. Der andere fühlt sich genötigt, die Stille zu füllen.
  • Zusammenfassen (Summerizing): Hier dürfen Sie die Worte des anderen wiederholen, die wichtigsten Aussagen in Kürze zusammenfassen, so kann der andere noch einmal überprüfen, ob Sie ihm wirklich zugehört haben.

Und meine Interessen?

Und was ist mit meinen Forderungen? Die dürfen Sie jetzt stellen. Wenn Sie auf diese Weise zugehört haben, haben Sie sich das Recht erworben, eigene Interessen, Standpunkte und konkrete Forderungen und Lösungen anzusprechen.

Klingt eigentlich ziemlich logisch, oder? Mit dem kleinen Haken, dass wir meist schon bei Stufe 1 des Zuhörens steckenbleiben oder maximal Stufe 2 erreichen. Wer will schon ehrlich seinen Chef verstehen, wenn der verkündet, in diesem Jahr sei mal wieder keine Gehaltserhöhung drin.

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