18. Oktober 2024

Management auf den Punkt gebracht!

New Work konsolidiert sich – doch

INSPIRATION: Der Hype um New Work sei zuletzt abgekühlt, kommentiert das Personalmagazin. Und veröffentlicht die Daten des aktuellen New-Work-Barometers 2024. Die darin befragten 628 Teilnehmer:innen sehen die Lage eher positiv.

Mitautor Carsten C. Schermuly (Wie aus Heimarbeit Homeoffice wurde) hat es sich nicht nehmen lassen, mit einem kleinen Ausflug in die Geschichte zu starten. Er erinnert daran, dass sich Anfang des 19. Jahrhunderts eine neue Form der Arbeitsorganisation rasant verbreitete: die Heimarbeit. Und die war für viele Menschen ein Segen. Weil sie Flexibilität und Dezentralisierung bedeutete.


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Man muss sich das einmal bildlich vorstellen. Doch offenbar können das heutzutage nicht mehr allzu viele, wenn man sich einmal die Kommentare bei Social Media und in den politischen Diskussionen anschaut. Im Unterricht geschlafen? Nicht gelernt? Wieder vergessen? Also großes Lob an den New-Work-Evangelisten und Wirtschaftspsychologie-Professor an der SRH Berlin University, dass er seiner Leserschaft ein wenig „Nachhilfeunterricht“ gibt.

Ein wenig „Nachhilfeunterricht“

„Neben der Handwerksstube und der Industriehalle entstand die Heimarbeit, vor allem für Frauen. Arbeiterinnen und Arbeiter bekamen von sogenannten Verlegern Rohstoffe nach Hause geliefert, um sie innerhalb eines strikten Zeitrahmens in den eigenen vier Wänden zu Waren zu verarbeiten.“ Doch der Segen – der Hinzuverdienst neben Landwirtschaft oder anderer Tätigkeit – war auch ein Fluch: „Es entstanden massenweise prekäre Beschäftigungsverhältnisse.“

Im Jahr 1844 kam es zum Aufstand der Weber, die gegen die industriellen Webstühle chancenlos waren. Ihr Aufstand wurde zum Teil durch staatliche Gewalt niedergeschlagen. Gewerkschaften entstanden und rangen dem Staat allerlei Reformen ab (z.B. die Krankenversicherung).

Homeoffice – ein zweischneidiges Schwert

Und heute? Findet das Spiel mit vertauschten Rollen statt, so die Autoren. Die Arbeitnehmenden wollen Homeoffice, aber die Arbeitgebenden nicht … Eine spannende Frage. Und der Wissenschaftler lässt keinen Zweifel daran, dass Homeoffice ein zweischneidiges Schwert ist: „Autonomie und soziale Isolation sowie deren direkte und indirekte Effekte auf verschiedene Ergebnisvariablen.“ Das gesteigerte Autonomieempfinden bei Homeoffice wird von den Mitarbeitenden positiv erlebt. Das Isolationsempfinden hat eher ungünstige Auswirkungen. Und beide Effekte können gleichzeitig auftreten und scheinen sich teilweise zu kompensieren. Doch insgesamt überwiegen die positiven Effekte – leicht.

Auf Teamebene sieht es nicht so positiv aus. Vor allem das soziale Lernen leidet. Dito der Wissensaustausch. Und Führungskräfte sind mehr gefordert. Doch „86,0 Prozent stimmten der Aussage zu, dass New Work ein wichtiges Zukunftskonzept sei.“

Untersuchungsdaten

Arbeitsort- und -zeitautonomie sowie die Ausgabe von mobilen Technologien sind – wie auch in den Jahren zuvor – die Spitzenreiter bei den New-Work-Praktiken. Zuwächse gibt es bei den Themen Selbstorganisation, offene Fehlerkultur sowie offene Bürokonzepte. Auch rollenbasiertes Arbeiten ist auf dem Vormarsch sowie empowermentorientierte Führung. Agile Projektarbeit, Digital Leadership sowie Design Thinking hingegen werden aktuell weniger mit New Work assoziiert.

Offenbar scheint sich in den Unternehmen so einiges nach Rütteln und Schütteln der vergangenen Jahre zu setzen. Und das scheint mir inzwischen doch sehr in Richtung eines New-Work-Verständnisses zu gehen, dass durch psychologisches Empowerment oder die New-Work-Charta geprägt ist. Das gibt Anlass für Hoffnung. So sehen das auch die Autor:innen des New-Work-Barometers. Die Verbreitung einer hybriden Arbeitswelt schreitet voran.

Doch gibt es deutliche Branchenunterschiede: Knapp die Hälfte (48%) der Arbeitszeit verbringen die Befragten durchschnittlich im Homeoffice. Doch während es in Beratungsunternehmen durchschnittlich 62,8% sind, bringt es die Privatwirtschaft nur auf eine Quote von 45,5%; die öffentliche Verwaltung kommt auf durchschnittliche 44,3% Arbeitszeit. Die Streuung ist also enorm.

Und die Produktivität sowie Innovationsleistung?

Es gibt einen positiven und signifikanten „Zusammenhang zwischen der Arbeitszeit im Homeoffice und der Organisationsleistung (r=,11**)“. Das ist nicht viel, aber immerhin signifikant! Wobei die Kausalität unklar bleibt: Sind es die leistungsstarken Unternehmen, die mehr Homeoffice ermöglichen? Oder erzeugt Homeoffice mehr Produktivität? Keine Zusammenhänge zeigen sich beim Thema Innovation.

Noch ein interessanter Befund: Den Mitarbeitenden wird unternehmensseitig offenbar zu wenig Zeit für hybride Abstimmung zur Verfügung gestellt. Und auch Schulungen für hybrides Arbeiten werden zu wenig durchgeführt. Hier sehen die Forscherinnen einen bislang zu wenig genutzten Hebel für Produktivität und Innovation. Mal schauen, ob sich das bis zum nächsten New-Work-Barometer bei den Unternehmen herumspricht.

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