INSPIRATION: Bei Hacking denkt man zuerst an illegale Aktivitäten der Ausspähung von Unternehmensrechnern. Doch inzwischen gibt es auch schon das Format „Alltagshacks“, kleine Video-Tutorials im Internet. Die Idee hat sich verselbstständigt und popularisiert. So kann man den Ansatz auch leicht für Innovationsmanagement nutzen. Dabei macht man sich den Begriff des Prosumers zunutze, den Toffler schon in den 1980er-Jahren geprägt hat: Eine Wortneuschöpfung, die die Aspekte Produzent und Konsument vereint. Man bindet Kunden in Prozesse der Produktentwicklung ein. Es geht um Problemlösungen aus Nutzersicht. Der Ansatz ist recht pragmatisch.
Hackathons, also Hacker-Sitzungen, finden meistens an Wochenenden statt. Man nennt sie Challenges. Software-Programmierer, Designer, Projektmanager, Business-Analysten oder andere Experten treffen sich, um eine aktuelle Fragestellung zu bearbeiten. Das hat Wettbewerbscharakter (Konkurrenz und Zeitdruck) und zumeist einen einfachen Ablauf: Entscheidung für einen Challenge, Teambildung, Lösungsfindung, Pitch und Gewinnerehrung (Pralinen). Gearbeitet wird dann zumeist das ganze Wochenende durch, lediglich durch kurze Snacks (Pizza) unterbrochen – und manchmal bis zur Erschöpfung. Die Teilnahme an den Hackathons ist kostenlos, Getränke, Essen und Infrastruktur stellt der Ausrichter. Manchmal gibt es auch ein Rahmenprogramm (Unterhaltung, Tischkicker oder Yoga). Die Stimmung ist in der Regel kooperativ und kollegial. Es soll auch Hackertourismus geben – also „Serientäter“.
Spaß vs. Business
Die Covid-Pandemie hat Hackathons noch einmal gepusht, denn es mussten in vielen Bereichen von jetzt auf gleich neue Lösungen generiert werden. Man tagte online. Es gibt leider nur wenige empirische Studien zu Nutzen und Nachhaltigkeit solcher Veranstaltungen. Denn ist der Hackathon beendet, verschwindet die Meute. Wer kümmert sich dann um die Umsetzung? Es mehren sich auch Stimmen, die vor Ausbeutung der Teilnehmer warnen. Unternehmen würden unter der Fahne der Kostenreduktion Innovationsprozesse outsourcen und die Teilnehmer ausbeuten (Peanuts), also ihre Ideen abschöpfen, ohne diese angemessen zu vergüten.
Manche Hackathons scheinen zudem wenig sinnvoll abzulaufen: Die schnelle Problemlösung als Feind einer nachhaltigen Strategie (zu kurz gesprungen). Wollen Unternehmen also die Methode nutzen, sollte man diese Kritik beherzigen und für gute und professionelle Rahmenbedingungen sorgen – nicht nur für „Pizza“. Das dürfte sich langfristig auszahlen und auch den Grad der Qualität solcher Problemlösungen verbessern. „Nach dem Sprint des Hackathons folgt der Marathon der Umsetzung“, so Autorin Nada Endrissat (Hacking the crisis). Zudem könnte sich die Veranstaltung als Scouting-Methode anbieten. Denn der Arbeitsmarkt hat sich bekanntlich gedreht. Unternehmen suchen bisweilen – den demografischen Faktor und den Fachkräftemangel im Nacken – händeringend nach neuen, und vor allem fähigen Mitarbeitern. Die Hackathons wären somit auch als Real-Live-Assessment-Center verstehbar.