7. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Abstrakt oder konkret

PRAXIS: Unser Denken und damit unsere Sprache kennt unterschiedliche „Auflösungsgrade“. Wir reden mehr oder weniger abstrakt über das, was wir beoachten, denken und fühlen. Das hat in Konfliktgesprächen einen Einfluss auf das weitere Denken und die resultierenden Handlungsweisen.

Bei abstraktem Denken und Reden ist die psychologische Distanz größer (Konkretes und abstraktes Denken). An einem einfachen Beispiel: Es ist ein großer Unterschied, ob mir ein Kollege erzählt, er habe eine Auseinandersetzung mit einem Kunden gehabt oder dass der Kunden ihn am Telefon einen Spinner und die Firma einen Sauladen genannt hat. Das weitere Gespräch wird anders verlaufen, obwohl beide Aussagen inhaltlich korrekt sind.


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Klaus Harnack beschreibt in der Zeitschrift für Konfliktmanagement anschaulich und mit Verweis auf einige Studien die Dimensionen der psychologischen Distanz. „Je weiter entfernt die Dinge sind, desto abstrakter werden sie repräsentiert und je näher wir den Dingen kommen, desto feiner wird ihre Auflösung.“ Es gibt verschiedene Dimensionen der psychologischen Distanz:

  1. Die räumliche Distanz – Dinge, die weiter weg sind, lassen uns abstrakter denken;
  2. Die zeitliche Distanz – ein schönes Beispiel: Wenn ich über einen Urlaub nachdenke, der nächstes Jahr stattfindet, werde ich mehr über allgemeine Dinge reden, wie erholsam er wohl sein wird, wie aufregend usw. Beginnt er nächste Woche, geht es mehr um konkrete Dinge wie Reisepass, Check-in, Blumen gießen in der Abwesenheit usw.
  3. Die soziale Distanz – Menschen, die uns nahestehen im Vergleich zu Menschen, die irgendwo auf der Welt leben;
  4. Die hypothetische Distanz – gemeint ist die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Ereignis eintritt. Je unrealistischer, desto abstrakter unser Denken und Reden.

Welchen Unterschied macht es nun für unser Verhalten bei Konflikten? Gelingt es dem Mediator, die Konfliktparteien zu abstrakterem Denken anzuregen, hilft das vor allem in der Verhandlungsphase und erhöht die Wahrscheinlichkeit, zu einer übergreifenden Lösung zu gelangen. Weil dann eben das „große Ganze“ sichtbar wird und die Distanz zum (vordergründigen) Problem größer. Bei der zeitlichen Distanz kennen wir das alle – je größer der zeitliche Abstand zwischen dem Konflikt und dem Verhandeln über eine Lösung, umso eher sind wir bereit, Zugeständnisse zu machen.

Interessant: Auch eine räumliche Distanz führt zu kooperativeren Verhandlungsergebnissen – in Experimenten wurde den Teilnehmern einmal mitgeteilt, dass der Verhandlungspartner im Nebenraum, ein anderes Mal, dass er in einer 30 km entfernten Zweigstelle sitzt.

Also sollte man immer versuchen, eine Distanz herzustellen, wenn es um schwierige Verhandlungen geht? Nicht unbedingt. Wenn es um die Abschlussvereinbarung geht, ist ein konkretere Denkstil gefordert. Noch eine aufschlussreiche Erkenntnis: Wenn man andere von etwas überzeugen will, ist es kontraproduktiv, verschiedene Abstraktionsgrade zu verwenden. Will man für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel werben, überzeugt es weniger, wenn man gleichzeitig argumentiert „Sie sparen die Kosten für ein zweites Auto“(konkret) und „Sie tun etwas für das Klima auf der Erde“ (abstrakt). Wenn mehrere Argumente, sollten sie den gleichen Auflösungsgrad haben.

Und wie nutzt man all diese Erkenntnisse bei Verhandlungen? Durch entsprechende Fragen. Mit „Warum“ und „Wozu“ erhöht man die Distanz, mit „Wie“ und „Womit“ verringert man sie. Mit der „Was wäre wenn-Frage“ gelingt der Wechsel am schnellsten: „Was würden Sie tun, wenn Sie noch ein Jahr Zeit hätten, um das Problem zu lösen?“ oder „Was würden Sie tun, wenn es nicht um Ihren Mitarbeiter ging, sondern um einen Kollegen aus einer anderen Abteilung?“

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