INSPIRATION: Konflikte im Berufsalltag sind normal. In Unternehmen auf dem Weg in die Selbstorganisation bringt die Transformation eine ganze Reihe zusätzlicher Anlässe für Konflikte auf der zwischenmenschlichen und organisationalen Ebene mit sich. In einem Konzern nahm man das als Anlass zur Entwicklung für ein „niedrigschwelliges Angebot der innerbetrieblichen
Konfliktbearbeitung“.
Tatsächlich sorgen Hierarchien dafür, dass Konflikte eher nicht angesprochen – wenn auch nicht gelöst werden. Mehr auf die klassische Art „beseitigt“ werden: Der Vorgesetzte spricht ein Machtwort. Aber was passiert, wenn man „Konflikte nicht mehr hocheskalieren kann“? Nach dem Motto: Dann soll doch der Chef entscheiden. Teams sind dann nicht selten überfordert und benötigen Unterstützung. Zumindest so lange, bis sie eigene Routinen bei der Bearbeitung von Konflikten entwickelt haben.
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Eine Art Graswurzelbewegung
Wie dieses niedrigschwellige Angebot bei der DB Systel zustande kam, beschreiben die Autoren in der Wirtschaft + Weiterbildung (Mediatives Konfliktmanagement sichert Dialogfähigkeit). Dabei klingt es so, als hätte es sich in einer Art Graswurzelbewegung gebildet – ohne formalen Auftrag, ohne Budget. Man startete mit einem Ausbildungskonzept, das die 90 internen Teambegleiter (die wohl im Rahmen der Transformation etabliert wurden) durchliefen, darin enthalten zu 25% das „mediative Konfliktmanagement“. Wobei es hierfür dann offenbar schon ein Budget gab.
Es existierten auch schon vorher im Unternehmen Institutionen und Gremien, die sich mit Konfliktmanagement beschäftigten, diese wurden in die Initiativen eingebungen, z.B. die Ombudsstelle oder der Mediatorenpool, dem 20 ausgebildete Mediatoren angehören. Aber offenbar waren diese Stellen und Modelle nicht so etabliert und anerkannt, dass sie große Wirkung und Akzeptanz im Unternehmen erzielten. Gesucht wurden Formen, mit denen Konflikte früher und gezielter angesprochen und systematischer bearbeitet werden können. Konkret wurden mit Hilfe von Beratern fünf Ziele definiert:
5 Ziele
- Es gibt ein integriertes Konfliktmanagementsystem.
- Mediation und mediative Haltung werden Teil des Systemdesigns der Organisation.
- Für jeden Mitarbeiter besteht die Möglichkeit, schnell und unbürokratisch Hilfe bei Konflikten in Anspruch zu nehmen.
- Die Qualität der Zusammenarbeit im Rahmen der Konfliktbearbeitung wird verbessert.
- Die Konfliktprävenition und die Konfliktkultur wird weiter entwickelt.
Nun wird es spannend: Es bildete sich ein selbstorganisiertes Team, das unter dem Namen „Dialogging“ eine eigene Vision entwickelte und das die Community der Konfliktbearbeiter aufbaut und unterstützt. Man trifft sich regelmäßig, erzählt, woran man gerade arbeitet und welche Unterstützung man benötigt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Jede Woche gehen sechs bis acht Anfragen ein, über 150 Konflikte wurden über ein Jahr bearbeitet. Offensichtlich hat sich das Angebot herumgesprochen, die Mitarbeitenden wissen, „an wen sie sich im Konfliktfall wenden können“. Vor allem trauen sie sich, Unterstützung anzufordern, und das ist in der Tat bemerkenswert. Spricht für einen Kulturwandel.
Die Konfliktmuster
Die „Dialogger“ treffen sich zudem zweimal jährlich und sprechen über die „Konfliktmuster“, welche Bedürfnisse erfüllt und welche nicht erfüllt werden können und stellen die Ergebnisse der Geschäftsführung vor.
Ach ja – was hat es mit dem Titel auf sich? Mir gefiel der Begriff „angeordnete Persönlichkeitsentwicklung“. Gemeint ist hier nicht das Konfliktmanagement, sondern dass der Kulturwandel hin zu selbstorganisierten Teams eben Persönlichkeitsentwicklung anstößt, wogegen sich die Mitarbeiter nicht wehren können. Was im Falle des Umgangs mit Konflikten sicherlich ein schöner Effekt ist.