INSPIRATION: Das ist vielleicht nicht der Traum eines jeden Firmeninhabers, aber die meisten werden sich hin und wieder schon mal wünschen, einfach in Ruhe gelassen zu werden. Einer hat es geschafft, indem er einen Teil der Firma an die Mitarbeiter verkauft hat. Soll funktionieren.
Zu finden ist der Beitrag in der Brand eins (Stress ist blöd). Die Rede ist von dem Softwareunternehmen Doubleslash. Der Gründer mag keinen Stress, das ist nicht die beste Voraussetzung für das Dasein als Firmenchef. Seine Lösung: „Machttransfer von oben nach unten.“ Über Mitarbeiterbeteiligungsmodelle haben wir bei MWonline schon häufig berichtet, und sie klingen in der Regel auch wunderbar, lassen aber oft einen Aspekt aus: Nämlich den, dass am Ende immer noch der Inhaber das Sagen hat.
Mitarbeiterbeteiligung
Das soll nun bei der IT-Firma aus Friedrichshafen anders sein. Die Geschichte geht so: Von fünf Gründern blieb einer übrig, nachdem er die anderen ausbezahlt hatte, saß er da als Alleininhaber, aber mit einem Berg von Schulden. Und eben viel Stress. Also hatte er die Idee, die Schulden zu „sozialisieren“. Das Modell klingt kompliziert. Es gibt eine Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaft, die 24,9% der Anteile an der Firma hält. Damit liegt ihre Beteiligung unter der Sperrminorität, der Rest gehört mit 35,1% dem Gründer und zu 40% dem größten Kunden, der ZF Friedrichshafen. Das Sagen hat damit weiterhin der Eigentümerm, aber nun ist es für ihn nicht mehr stressig, sondern bequem und harmonisch.
Nach einem ausgeklügelten System können monatlich Anteilsscheine erworben werden. Dabei soll es möglichst gerecht zugehen, der Mindestbetrag liegt bei 1.000 Euro, der Höchstbetrag bei 10.000. Erwerber müssen mindestens ein Jahr angestellt sein und die Anteile mindestens zwei Jahre halten. Spätestens drei Jahre nach Austritt müssen sie zurückgegeben werden, den Preis bestimmt ein Algorithmus – schließlich ist es ein IT-Unternehmen. Der Wert hängt vom wirtschaftlichen Erfolg ab: Seit der Erstausgabe 2018 hat sich der Kurs verdreifacht. Ein lohnendes Investment, zumal die Beteiligung den höchst angenehmen Effekt hat, dass die Mitarbeiter sich mächtig ins Zeug legen und der Inhaber seitdem deutlich weniger Stress hat.
Ein Modell für die Zukunft der (Zusammen-)Arbeit?
Die Kritik an solchen Modellen ist auch bekannt. Mitarbeiter, die ihr Geld in die eigene Firma stecken, riskieren bei einer Pleite nicht nur den Arbeitsplatz, sondern auch noch ihr Erspartes. Andererseits: Welches Unternehmen kann man wohl besser einschätzen als das, in dem man arbeitet?
Was wohl nicht so wirklich funktioniert ist die Idee, die Miteigentümer auch an der Entwicklung von Innovationen zu beteiligen. Hier scheint man eine ähnliche Erfahrung zu machen wie beim klassischen Vorschlagswesen: Die Mitarbeiter sorgen sich vor allem um ihre direkte Umgebung, unter den Vorschlägen auf der eigens eingerichteten Plattform sind solche Dinge wie höhenverstellbare Schreibtische und Getränkespender, die Produkte von morgen lassen noch auf sich warten.
Vielleicht ist man ja dann doch kein „echter Unternehmer“, wenn man Anteile im Wert von einigen tausend Euro unterhalb der Grenze besitzt, bei der man wirklich mitentscheiden kann. Aber vielleicht findet der Informatiker auch dafür einen Algorithmus …