20. September 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Competence Screenings

KRITIK: Mit dem Thema habe ich so meine liebe Mühe. Personaler möchten so gerne die Kompetenzen der Mitarbeiter „managen“. Das setzt voraus, dass man Kompetenzen erst einmal erfassen muss. Wird zumindest immer wieder behauptet. Ein neues Beispiel, jetzt werden „Competence Screenings“ durchgeführt.

Gefunden habe ich die Methode in einem Beitrag des Personalmagazins (Kompetent und gut eingesetzt). Diese Competence Screenings werden bei BHS Corrugated und Trumpf eingesetzt, wenn auch mit unterschiedlichen Zielsetzungen. Die Idee ist nicht sonderlich neu, ich kann mich erinnern, dass wir in den 90er Jahren versucht haben, für Mitarbeiter in der Produktion eine Qualifikationsmatrix aufzustellen. Dazu beschrieben wir die Tätigkeiten der Mitarbeiter und zerlegten sie in Teilschritte, dann führten wir die jeweils benötigten Fertigkeiten dazu auf und nutzten einfache Kategorien wie „vorhanden“, „zum Teil vorhanden“ oder „nicht vorhanden“.


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Das Modell des „International Performance Research Institute“ sieht ähnlich aus. Da wird die Tätigkeit eines Servicetechnikers in fünf Aufgabenschritte unterteilt (von Vorbesprechung bis Nachbereitung), die einzelnen Zeilen enthalten Kriterien wie Zuverlässigkeit, Lernbereitschaft, Einsatzbereitschaft, Fachwissen, Selbstmanagement etc. In den jeweiligen Feldern werden sodann die Soll-Kompetenzen eingetragen, abgestuft in grundlegend und ausgeprägt.

Ein Beispiel unter „Ersatzteile“ in der Zeile „Problemlösefähigkeit“: „Grundlegend: Solider Umgang bei Konflikten mit internen Kunden„. Unter „Einsatz“ in der gleichen Zeile heißt es: „Ausgeprägt: Lösungen bei komplexen Problemen und kritischen Kundensituationen„.

Ist die Matrix gefüllt, hat man den Soll-Competence-Screen der Rolle, dann kann man sich den Mitarbeiter anschauen und beurteilen, inwieweit er über die Kompetenzen verfügt. Klaffen da Lücken, können Trainingsmaßnahmen eingeleitet werden. Und natürlich kann das Soll-Profil auch bei der Einstellung neuer Mitarbeiter nützlich sein.

Bei Trumpf geht man noch einen Schritt weiter. Dort entwickelt man altersgerechte Rollen, damit kann man einem Mitarbeiter aufzeigen, welche Möglichkeiten er hat, wenn er älter wird. So kann der Außendiensttechniker später z.B. Produktionsberater, Installationsberater, Trainer beim Kunden oder Praxisausbilder werden – vorausgesetzt, das Competence Screening hat ergeben, dass er zu der Rolle passt. Oder er wird dahin weiterentwickelt.

Der Ansatz gefällt mir. Man wartet nicht, bis ein Mitarbeiter aus bestimmten Gründen seinen Job nicht mehr machen kann und sucht dann nach Alternativen, sondern überlegt sich früh altersgerechte Rollen und bereitet Menschen darauf vor. Wenn das Competence Screening dabei hilft, ist das prima.

Dass man mit solchen Modellen jede Rolle erfassen und Rolleninhaber damit vergleichen kann, halte ich nach wie vor für eine Illusion. Selbst wenn es gelingt, die Tätigkeiten in sinnvolle Einzelschritte zu zergliedern, dürfte kaum ein Job mit einem anderen vergleichbar sein. Nimmt man mal das Beispiel „Problemlösefähigkeit“: Kritische Kundensituationen kann sehr vieles sein, was wiederum vom konkreten Kunden abhängt. Der eine Techniker hat überhaupt keine Probleme, weil er den Kunden schon ewig kennt, der andere gerät mit ihm aneinander und braucht die dargestellten Kompetenzen. Den ersten muss ich nicht schulen, den zweiten schon.

Am Ende helfen solche analytischen Modelle nur bedingt, weil sie nur sehr grob die Anforderungen abbilden können. Und messen können sie schon gar nichts, sondern stellen letztlich immer Bewertungen dar, die wiederum stark von den Bewertern abhängen. Letztlich wird ihr Einsatz an der Komplexität scheitern und sie werden in der Schublade verschwinden.

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