7. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Das Wesen der Entschuldigung

INSPIRATION: Sich zu entschuldigen, ist alles andere als einfach. Es fällt uns eben schwer, zuzugeben, einen Fehler gemacht zu haben. Und oft genug reicht das auch nicht aus. Es lohnt sich, einmal genauer hinzuschauen, was es damit auf sich hat und wie man den Prozess in der Mediation unterstützen kann.

Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal einen theoretischen Beitrag über das Phänomen der Entschuldigung gelesen zu haben. In der Zeitschrift für Konfliktmanagement ist ein Artikel zu finden, der in Rahmen einer Masterarbeit entstanden ist und den Mediations-Förderpreis erhalten hat (Die Osterruhe in der Mediation). Der Titel bezieht sich auf die Entschuldigung der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die zugab, mit der „Osterruhe“ im Rahmen der Corona-Maßnahmen 2020 einen Fehler gemacht zu haben und dafür allein die Verantwortung übernahm.


Anzeige:

VOLLMAR Wissen+Kommunikation unterstützt Sie durch Beratung, Training, Coaching dabei, Ihr Wissen zu organisieren, weiter zu entwickeln, zu sichern und Gewinn bringend einzusetzen. Unsere Arbeitsweise lässt sich am besten mit ‚pragmatisch’ umschreiben; wirkungsvolle Maßnahmen sind uns wichtiger als akademische Modelle. Zur Webseite...


Der Beitrag ist zwar arg theoretisch, aber ich versuche mal, die praktischen Implikationen heraus zu picken. Zuerst: Voraussetzung für eine Entschuldigung ist, dass eine „Schuld“ vorliegt. Diese setzt zwei Dinge voraus: Eine Normverletzung und die persönliche Verantwortlichkeit – also dass jemand etwas „dafür kann“, dass die Norm verletzt wurde.

3 Arten der Entschuldigung

  • Echte Empathie ausdrückend: Man erkennt an, dass ein Unrecht geschehen ist und zudem sein Mitgefühl für den anderen, der dadurch einen Schaden erlitten hat, ohne aber die Verantwortung für das Verletzen der Norm zu übernehmen. Nach dem Motto: „Es tut mir sehr leid, dass du verletzt bist und verstehe es auch, aber ich konnte nicht ahnen, dass meine Äußerung so bei dir ankommen wird.“
  • Unechte Sympathie ausdrückend: Man räumt ein, dass man für ein Verhalten verantwortlich ist, aber erklärt, dass man an die Norm nicht gebunden ist. Nach dem Motto: „Ich bin zu schnell gefahren, aber ich hatte es fürchterlich eilig, das war eine Ausnahme.“
  • Den Fehler zugebend: Man erkennt die Normverletzung an und erklärt sich hierfür verantwortlich: „Ich habe die Mail ganz bewusst geschrieben, um dich zu verletzen, und jetzt tut es mir sehr leid, es war dumm von mir.“

Und die Annahme derselben

Ob der andere die Entschuldigung annimmt, hängt von der Erwartungshaltung ab. Es kann ihm genügen zu hören, dass der Betreffende Verständnis für den Ärger zeigt. Es mag auch reichen zu erfahren, warum der andere die Norm verletzt hat. In Konfliktfällen funktioniert das allerdings oft nicht, sondern führt maximal zur „Versöhnung„, nach dem Motto: „Das lasse ich diesmal durchgehen, ist für mich abgehakt!“ Damit ist der aktuelle Konflikt erst einmal befriedigt, die Beziehung allerdings nicht wirklich wieder hergestellt. 

Letzteres setzt eine „Vergebung“ voraus. Diese wird wohl erst dann gewährt, wenn man tatsächlich glaubhaft macht, dass man verstanden hat, welchen Verstoß man zu verantworten hat, die Norm anerkennt und zudem Mitgefühl ausdrückt. 

Was macht das so schwierig? Die Tatsache, dass man sich dem Geschädigten „ausliefert“, ihm Macht über sich gibt. Wer um Vergebung bittet, macht sich abhängig, der andere entscheidet, ob er vergibt. Wir machen uns klein in der Hoffnung, dass dies den zugefügten Schaden ausgleicht. Wie bitter, wenn diese Vergebung dann nicht gewährt wird.

Die Funktion der Entschuldigung

Entschuldigungen sind sehr hilfreich sowohl für die Gemeinschaft als auch für den Einzelnen. Nicht zu vergeben ist ein Sanktionsmechanismus, das schließt Menschen aus – eine sehr starke Sanktion. Die Gemeinschaft, die verzeiht, ist attraktiv für ihre Mitglieder. Für den Einzelnen birgt die Entschuldigung die Chance, über das eigene Verhalten zu reflektieren, sich hierdurch weiter zu entwickeln. Was zu einer stärkeren Bindung an die Gemeinschaft führt. Hingegen erzeugt das Drängen auf eine Entschuldigung das Gegenteil: Derjenige fühlt sich degradiert, was irgendwann zum Abbruch der Beziehung führt.

Was kann man tun, um „echte“ Entschuldigungen zu „fördern“? In der Mediation sind das die bekannten Mittel: Zunächst beharrt man auf der Darstellung der Situation durch beide Parteien, lässt sie schildern, was geschehen ist, ohne hier schon über Verantwortlichkeit oder gar Schuld zu sprechen. Man lässt die jeweilige Perspektive beschreiben und stellt den aufgetretenen Schaden fest. Auch kann es helfen, die (in der subjektiven Wahrnehmung) verletzte Norm zu evaluieren, ohne an dieser Stelle von Schuld zu reden. Letztlich geht es darum, ein Klima des Vertrauens herzustellen, das einer Partei ermöglicht, sich tatsächlich zu entschuldigen und der anderen, diese zu akzeptieren.

Wichtiger Schritt: Wird eine Entschuldigung ausgesprochen, sollte eine „Cooling-Off-Phase“ folgen. Z.B. eine Pause, in der die Parteien das Geschehene verarbeiten können. Man darf nicht vergessen, welche große Kraft und Überwindung dieser „einfache“ Akt kostet.

Teile diesen Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert