KRITIK: Sie machen keinen Führerschein mehr, gründen Unternehmen, beeinflussen ihre Altersgenossen über YouTube und Instagram und legen großen Wert auf Sicherheit und viel Freizeit. Die Generation, die jetzt auf den Arbeitsmarkt kommt, soll angeblich so ganz anders sein. Behauptet die Wirtschaftswoche und die in dem Beitrag zitierten Experten (Generation illoyal).
Unabhängig von den hier vorgestellten „Forschungsergebnissen“ einige eigene Beobachtungen: In der Tat schauen die jungen Leute, die ich kenne, kaum noch klassisches Fernsehen, sondern vor allem Serien auf Netflix und Amazon. Sie lesen auch keine Zeitungen, sondern informieren sich im Internet aus den unterschiedlichsten Quellen. Sie sind auch nicht mehr wild darauf, einen Führerschein zu machen und ein eigenes Auto zu besitzen – das Auto wird als notwendiges Übel gesehen.
Aber intererssieren sie sich wirklich nicht mehr für Marken? Wollen sie tatsächlich vor allem geregelte Arbeitszeiten mit möglichst viel Freizeit? Haben für sie immaterielle Güter wie Erlebnisse, Reisen und Urlaub einen höheren Wert als Luxusgüter?
Schräges Bild
Für einige mag das gelten. Aber warum können dann die „Influencer“ so viel Geld damit verdienen, ihren Altersgenossen Markenartikel anzudrehen? Warum träumen viele dann doch von einem eigenen Auto als Inbegriff von Freiheit und Unabhängigkeit? Warum verzichten sie auf ein tolles Abitur und machen sich lieber selbstständig?
Das Bild, das hier gezeichnet wird, ist alles andere als stimmig und lässt meines Erachtens nur einen Schluss zu: In einer Welt, in der die Möglichkeiten ins Grenzenlose gehen und es so etwas wie „Mainstream“ nicht mehr gibt, kann man kaum von typischen Eigenschaften dieser Generation reden. Insofern mag der Titel „Generation illoyal“ sogar stimmen – im Sinne von: Auf nichts ist Verlass. Vermutlich hätte man z.B. noch vor wenigen Jahren behauptet, die jungen Leute seien nur noch auf Facebook unterwegs. Aber mein Eindruck ist, dass sie sich inzwischen längst von diesem Netzwerk verabschiedet haben. Dort sind eher die älteren Herrschaften der Generation Golf unterwegs …
Mit anderen Worten: Wer sich als Arbeitgeber interessant machen möchte für diese Generation, der wird sich schwer tun, ein passendes Bild zu entwickeln. Was ich übrigens schon länger für ziemlich albern halte. Statt zu überlegen, was diese oder jene Generation gerne möchte und sich dann entsprechend zu präsentieren, sollten sich Unternehmer und Personalstrategen lieber damit beschäftigen, welche Art Unternehmen sie führen möchten und für welche Kultur und Ausrichtung sie tatsächlich stehen. Und genau das dann anschaulich darstellen. Jede Wette, dass bei dieser heterogenen und nahezu unberechenbaren Zielgruppe genau diejenigen Menschen zu ihnen finden, die auch zu ihnen passen?