20. Mai 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Elefanten, tote Fische und Erbrochenes

INSPIRATION: Verfügt Ihr Unternehmen auch über schriftliche formulierte Werte und Leitlinien? Sätze wie „Bei uns werden Menschen mit Respekt und Würde behandelt“ (gefunden, nicht erfunden!)? Die Idee ist alt und noch lange nicht tot. Organisationen formulieren Werte, weil diese das Handeln leiten sollen. Und damit für eine bestimmte, erwünschte Unternehmenskultur. Denn dass diese entscheidenden Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmens hat, dürfte niemand mehr in Frage stellen.

Aber taugen die so formulierten Werte auch, um tatsächlich als Leitlinien bei Entscheidungen zu fungieren (Unternehmenswerte)? Eine wahre Erkenntnis: In der Regel handelt es sich um positiv besetzte Begriffe, die im Grunde selbstverständlich sind (Ergibt Sinn). Den passenden Test haben wir auch schon erklärt: Man nehme nur das Gegenteil und frage sich, ob das auch eine Option wäre. Würden wir als Option ernsthaft in Erwägung ziehen, Menschen ohne Respekt zu behandeln? Soll heißen: Der Leitsatz, andere mit Respekt zu behandeln, stellt keine echte Empfehlung dar oder gar eine Hilfestellung in schwierigen Situationen.


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Was also funktioniert besser? Mal angenommen, Sie möchten eine transparente Kultur. Dann kommen hier fünf Schritte, die Ihnen helfen, entsprechende Leitlinien zu formulieren.

Fünf Tipps zur Umsetzung

  1. Dilemmata durchspielen: Sie nehmen also einen möglichen Fall, z.B. dass eine Umstrukturierung ansteht, und entwickeln zwei Szenarien. Im ersten wird einleuchtend erklärt, warum Sie die Mitarbeitenden nicht sofort einweihen (Stabilität, Panik vermeiden, Top-Leute nicht verlieren etc.). Im zweiten wird ebenso nachvollziehbar erklärt, warum Sie sofort mit offenen Karten spielen (Vertrauen, Umgang mit Erwachsenen, Vermeiden von Gerüchten). Wenn Sie nun folgende Leitlinie formulieren: „Transparenz ist uns wichtig, auch wenn wir damit Unsicherheit, Ineffizienz oder gar Verzweiflung riskieren!“, dann hilft diese Leitlinie in entsprechenden Situationen.
  2. Abstrakte Prinzipien konkret machen. Das hier stammt von Amazon: „Zeige Rückgrat: Widersprich und stehe zu getroffenen Entscheidungen!“ (also nicht nur „Wir zeigen Rückgrat!“). Wendet man den Satz auf ein praktisches Beispiel an wie: Der Chef zeigt Ihnen drei Entwürfe einer neuen Kampagne, die Ihnen alle nicht gefallen. Dann bietet die Leitlinie eine klare Orientierung.
  3. Nutzen Sie Bilder. Ein besonders krasses Beispiel stammt von Airbnb: Elefanten, tote Fische und Erbrochenes. Soll wohl für den Wert „Offenheit“ stehen. Gemeint ist Unausgesprochenes (Elefanten), Probleme, die wachsen und anfangen zu stinken (Fische), und das, was frustriert und raus muss (Erbrochenes), tatsächlich anzusprechen. Oder das Zwei-Pizza-Prinzip von Amazon, wonach Teams maximal so groß sein sollen, dass sie von zwei Pizzas satt werden.
  4. Die passenden Leute einstellen – ein eher banaler Tipp, aber vermutlich oft vernachlässigt. Hier wird als Beispiel Patagonia angeführt, wo man Menschen einstellt, die viel Zeit in den Bergen oder auf dem Wasser verbringen. „Wir suchen Naturmenschen, die sich in einem Basislager oder auf einem Fluss wohler fühlen als in einem Büro.“ Wenn der Recruiter nun einen MBA-Absolventen mit Top-Noten vor sich sitzen hat oder einen Mountainbiker ohne entsprechende Erfahrung, weiß er, was er zu tun hat.
    Und bei Netflix hat man formuliert: „Wir wollen keine brillanten Idioten. Die Nachteile für die Teamarbeit sind einfach zu groß.“ Der Satz bietet auch Orientierung, wenn man über eine Entlassung nachdenkt.
  5. Seien Sie nicht zu dogmatisch. Es gibt Situationen, da helfen die anschaulichsten Formulierungen und bildhaftesten Darstellungen auch nicht weiter. Zum Beispiel, wenn ein Wert ins Spiel kommt, der in Einzelfällen dann doch die anderen „schlägt“. Kommen wir zurück zur Transparenz: Da trennt sich ein Unternehmen von einem Top-Manager, und alle fragen sich, was wohl passiert ist. Angenommen, es hat sich herausgestellt, dass er alkoholkrank ist und es entsprechende Vorfälle am Arbeitsplatz gab. Dann kann hier die Privatsphäre des Managers wichtiger sein.
    Und wenn man es dann so elegant löst mit: „Wir glauben, dass seine Privatsphäre wichtiger ist als Transparenz, daher möchten wir hierzu nichts sagen.“ Dann ist auch für alle klar, warum in diesem Fall der Wert Transparenz nicht den Ausschlag gegeben hat.

Das Original (Ergibt Sinn) der Professorin an der Business School Insead in Fontainebleau enthält weitere anschauliche Beispiele und ist lesenswert.

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Johannes Thönneßen

Dipl. Psychologe, Autor, Moderator, Mitglied eines genossenschaftlichen Wohnprojektes. Betreibt MWonline seit 1997. Schwerpunkt-Themen: Kommunikation, Führung und Personalentwicklung.

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