20. Mai 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Mehr Wohlstand dank geteiltem Vermögen?

INSPIRATION: Mitunter müssen Forscher einfach auch Glück haben. Zum Beispiel dadurch, dass bestimmte Umstände dazu führen, dass eine quasi-experimentelle Situation erzeugt wird. Die sich dazu eignet, höchst wertvolle Schlussfolgerungen für ökonomische oder andere Fragestellungen zu ziehen.

Das hier ist so ein Fall. Es geht um volkswirtschaftliches Wachstum und die Frage, ob ungleiche Verteilung von Vermögen einen Einfluss hierauf hat. Angeblich hatte bis Anfang der 2000er-Jahre niemand das Thema auf dem Schirm. Das angesprochene „Experiment“ kommt zu einem anderen Ergebnis, und das ist höchst spannend. Es macht sich den Umstand zunutze, dass in einigen Regionen in Deutschland seit dem Mittelalter das sogenannte Anerbenrecht galt, nachdem der erstgeborene Sohn den gesamten Hof erbte und seine Geschwister leer ausgingen. Das galt vor allem im Norden und Südosten der heutigen Bundesrepublik.

Anders sah es im Südwesten aus. Dort herrschte die Realteilung vor, bei der das Land unter allen Kindern gleich aufgeteilt wurde. Die Forscherinnen untersuchten nun folgende Fragestellung: Wie entwickelten sich die wirtschaftliche Aktivität und der Wohlstand in den beiden Regionen? Als Kennzahlen zogen sie Beschäftigungszahlen, Steuerdaten und Anzahl der Patentanmeldungen heran, offenbar bis in die heutige Zeit.

Das Ergebnis

Die ehemaligen Erbschaftsregeln hatten einen Effekt auf den heutigen Wohlstand, und zwar dergestalt, dass dort, wo das Land unter allen Kindern aufgeteilt wurde, heute mehr Unternehmen ansässig sind und höhere Einkommen erzielt werden. Die Erklärung: Die Menschen waren zwar versorgt, aber sie waren auch motiviert, zusätzliche Einkommen zu erzielen. Also begannen sie, auf ihren Höfen Nebenprodukte zu entwickeln, wie Stoffe, Seifen, sogar Uhren.

Mit Beginn der industriellen Revolution wurden hieraus erst kleine Manufakturen, später erfolgreiche Unternehmen. Die ebenso erstaunliche wie logische Konsequenz: In der Gegend, wo die Menschen die kleinsten Höfe hatten, ist heute großer Wohlstand anzutreffen. Und falls jemand nun denkt: Naja, ob dieser Zusammenhang wirklich ursächlich ist? Hierauf lautet die Antwort der Forscherin: Es wurden etliche zusätzliche Daten ausgewertet, aber keine hiervon korrelierten mit der wirtschaftlichen Entwicklung (Alleinerben schädigen die Wirtschaft).

Zwei Politikwissenschaftler haben, ergänzend hierzu, herausgefunden, dass in eben diesen Gegenden heute mehr Frauen in Stadträten und Rotary Clubs vertreten sind. Weil eben auch Frauen dort Land erbten, erwarben sie mehr finanzielle Mittel und Macht.

Was folgt daraus? Die Forscherin möchte mit ihren Ergebnisse keine politischen Forderungen begründen. Aber es wäre durchaus sinnvoll darüber nachzudenken, wie man Menschen mehr Mittel zur Verfügung stellt und damit Anreize schafft, sich unternehmerisch zu betätigen. Ob das nun so etwas wie ein Startkapital für junge Menschen ist oder eine Art Grundeinkommen.

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Johannes Thönneßen

Dipl. Psychologe, Autor, Moderator, Mitglied eines genossenschaftlichen Wohnprojektes. Betreibt MWonline seit 1997. Schwerpunkt-Themen: Kommunikation, Führung und Personalentwicklung.

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