INSPIRATION: Wenn der eine Kollege in Teilzeit arbeitet, alle anderen aber in Vollzeit, dann kann es vorkommen, dass er nicht so wirklich für voll genommen wird. Was aber, wenn immer mehr Menschen einen Teilzeit-Job vorziehen? Mehr noch: Wenn der eine gerne am Freitag, der andere am Mittwoch, der nächste jeden Tag nur noch bis 14:00 Uhr arbeiten und eine es sich sogar völlig frei einteilen möchte? Eine Führungskraft erklärt, dass sie manchmal kaum noch weiß, wer wann da ist (Tetris im Team). Ich möchte ergänzen: Noch unübersichtlicher wird es, wenn dazu noch etliche einen Teil ihrer Arbeitszeit im Homeoffice verbringen.
Tatsächlich überlegen immer mehr Menschen, dass rund um die Uhr zu arbeiten nicht mehr zu ihnen passt. Das sind nicht nur die Jungen. Auch Ältere, die wissen, dass sie noch etliche Jahre vor sich haben und sich die Zeit anders einteilen möchten. Und es sind auch nicht mehr vor allem die Frauen, die notgedrungen das Kümmern um die Familie oder die Pflege der Verwandten übernehmen. Zunehmend fragen Männer nach alternativen Arbeitszeitmodellen.
Etliche Probleme
Dröseln wir die Probleme mal auf. Die Führungskraft möchte ihr Team hin und wieder spontan oder zumindest kurzfristig zu einem Meeting zusammen holen – da wird es schon schwierig bis unmöglich, es lässt sich kein Termin finden, an dem alle vor Ort sind. Eine Betroffene berichtet, dass es immer problematischer wird, alle Bedürfnisse unter einen Hut zu bringen, und sie es nur mit einer gewaltigen Kraftanstrengung schafft, wobei sie selbst ihre Termine um die der Mitarbeitenden herumlegt und dafür nicht selten selbst deutlich länger arbeitet. Kann ja irgendwie nicht Sinn der Sache sein…
Das nächste Problem der Führungskraft: Wie schafft sie es, alle auf einem Informationsstand zu halten, wenn die Teammitglieder praktisch nie alle gleichzeitig anzutreffen sind? Wie hält man überhaupt nach, wer über was Bescheid weiß?
Und was ist mit den (wenigen) Vollzeitkräften? Die nämlich bekommen dann die Aufgaben auf’s Auge gedrückt, die man den Teilzeitkräften nicht anvertrauen kann – einfach, weil sie längere Anwesenheiten erfordern, z.B. die Betreuung von Praktikanten und Auszubildenden. Oder die Einarbeitung neuer Mitarbeitenden. Oder Vertretungen bei Urlauben – sie sind die einzigen, die praktisch „immer“ können. Das schafft Unmut, verständlicher Weise.
Aufgabenverteilung
Wichtigster Knackpunkt aber: Die Verteilung von Aufgaben. Was passiert, wenn es heißt: „Es muss jemand am Dienstagnachmittag…!“? Dann müssen auch die Teilzeitkräfte flexibel sein, einspringen, auch wenn das ihr freier Tag oder freier Nachmittag ist. Diese Bereitschaft, sich im Team gegenseitig zu unterstützen, muss bei vielen Teilzeitkräften im Team deutlich größer sein, da ist das Konfliktpotenzial entsprechend höher.
Für die Teilzeitkräfte besteht das bekannte Risiko: Statt um 14:00 Uhr bleiben sie dann doch leicht mal eine Stunde länger, und entweder sammeln sie einen Haufen Überstunden an oder müssen aufpassen, dass sie „nicht zu unterbezahlten Vollzeitkräften werden“. Soll oft vorkommen. Wobei die Akzeptanz der Teilzeitkräfte gestiegen sein dürfte, jetzt, wo sie hier und dort langsam in der Überzahl sind und es irgendwie normal wird, wenn Menschen nicht bis zum „Feierabend“ bleiben.
Lösungen
Und die Tipps für die Führungskräfte, die ihre Schäfchen nicht mehr wie früher täglich um sich versammeln können? Sie lauten: Die Zahl der Meetings weiter reduzieren, ebenso deren Länge. Eine Art Telefonsprechstunde einrichten, so dass die Mitarbeitenden wissen, wann spontane Anrufe willkommen sind. Und was die Aufgabenverteilung im Team angeht, lautet die – angeblich unkonventionelle – Lösung: Der Auftrag, sich abzustimmen und z.B. dafür zu sorgen, dass die Ansprechzeiten für Kunden gewährleistet sind, wird dem Team übergeben, es muss für die Lösung sorgen. Das ist für manchen sicher ungewohnt, und er wird nach der Führungskraft rufen, die bitteschön entscheiden soll. Aber wer die neue Flexibilität und Freiheit für sich reklamiert, der wird wohl auch das lernen müssen.