19. Mai 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Enthemmte Kreative

KRITIK: Kreativität wird zur Zeit ganz groß geschrieben. Unternehmen wollen (angeblich) Mitarbeiter, die gegen den Strom schwimmen, Regeln brechen, ungewöhnliche Ideen haben und ihnen zu bahnbrechenden Innovationen verhelfen. Aber Kreativität hat ihre Schattenseiten, wie verschiedene Studien belegen.

Anne Haker hat die Studien gesichtet (Offensichtliche Chancen und bedenkenswerte Risiken). Belege dafür, dass kreative Köpfe dafür sorgen, das stereotypes Denken reduziert wird, mehr Offenheit und mehr Gruppenzusammenhalt fördern und damit die Chancen für Innovation erhöhen, gibt es genug. Aber was ist mit den Risiken? Um kreativ zu sein, müssen wir unsere Selbstkontrolle teilweise aufgeben, „Regeltreue, Angepasstheit und Risikovermeidung fallenlassen“. Sonst kämen wir gar nicht auf abwegig scheinende Gedanken. Dieser Zustand wird auch als „Dishinhibition“ bezeichnet, als „Enthemmung“.


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Wer sich in diesem Zustand befindet, neigt zu Regelbrüchen (was ja vielfach gefordert wird), zu größerer Aggression, riskantem Verhalten und Stehlen – was sicher niemand möchte. Außerdem neigen kreative Menschen zu offenen Auseinandersetzung mit Kollegen, verlangen mehr Geld und Sonderbehandlungen (Khessina u.a. 2018).

Noch ein interessanter Punkt: Allzu kreative Menschen schaden ihrer eigenen Karriere – was man angesichts ihrer „Schattenseite“ sicher nachempfinden kann. Ihre Ideen werden eher abgeblockt, gelten als zu risikoreich, den Mitarbeitern werden weniger Führungsqualitäten zugesprochen, und damit sinken ihre Beförderungschancen gegenüber jenen, die eher konventionelle und praktikable Lösungen vorschlagen (Mueller u.a. 2011).

Drastisch ausgedrückt: Ein paar kreative Spinner kann man sich durchaus gönnen, vielleicht siedelt man sie eher in ausgegliederten „Start-ups“ an. Zu Führungskräften macht man sie besser nicht. Ansonsten tut es auch ein bisschen Kreativität. Und in der Tat: Es ist zwar gerade angesagt, nach Regelbrechern zu rufen, aber wer will diese schon in seinem Team haben? Oder gar als Führungskraft? Da gehört schon eine Menge Toleranz und Offenheit in der Unternehmenskultur dazu, solche Leute auszuhalten.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass solche Kollegen eher belächelt, im besten Fall geduldet, aber sicher nicht befördert werden. Wie soll eine Führungskraft den anderen Mitarbeitern auch erklären, dass sie einen „Regelbrecher“ unterstützt? „Der Kollege hat sich nicht an das gehalten, was wir als Spielregel formuliert haben, das freut mich sehr und dafür gibt es eine Extra-Prämie …“ Schwierig.

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Johannes Thönneßen

Dipl. Psychologe, Autor, Moderator, Mitglied eines genossenschaftlichen Wohnprojektes. Betreibt MWonline seit 1997. Schwerpunkt-Themen: Kommunikation, Führung und Personalentwicklung.

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