20. Mai 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Messerstecherei auf dem Firmenparkplatz

INSPIRATION: Schwappen die polarisierenden Diskussionen über politische und gesellschaftliche Themen auch in die Unternehmen und sorgen so für Unruhe? Und müssen Unternehmen darauf reagieren? Natürlich, passiert ersteres. Und ja, die Diskussionen kann man nicht einfach laufen lassen. Denn in Extremfällen kann das nicht nur zu schlechter Stimmung und Mobbing führen, sondern zu handfesten Auseinandersetzungen. Das ergab eine Umfrage unter 60 Unternehmensvertretungen.

Eine Erkenntnis: Auch wenn wir in Deutschland noch nicht so gespalten in unseren Haltungen sind wie die Menschen in den USA, so gibt es doch seit der Corona-Pandemie Anzeichen, dass die Fronten sich verhärten. Es gibt da offensichtlich bestimmte Triggerbegriffe – man kann sie sich schon denken: Gendersprache, Migration, Tempolimit. Oder Lastenfahrrad.


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Interessante Erkenntnis: Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden signalisieren, dass sie vor allem in ihrer Funktion und Rolle gesehen werden, berichten weniger von derartigen Schwierigkeiten. Wer hingegen die Beschäftigten eher als ganzen Menschen sieht und sie auffordert, sich auch mit seinen privaten Interessen und Kompetenzen zu zeigen, der darf sich nicht wundern, wenn diese dann auch weltanschauliche und politische Meinungen äußern. Wieder mal ein schönes Beispiel für zwei Seiten einer Medaille.

Sich raushalten?

Also sich lieber ganz auf die eigentliche Funktion beschränken? Nicht nur bezüglich der Mitarbeitenden, sondern auch als ganzes Unternehmen? Eine alte Kontroverse, die nicht eindeutig zu klären ist. Denn Organisationen sind immer Teil der Gesellschaft und können sich gar nicht völlig raushalten. Während die einen wohl immer versuchen werden, sich „neutral“ zu verhalten, werden andere es als ihre Pflicht ansehen, Stellung zu beziehen. In dem Interview (Explosive Debatten) wird das an einem Beispiel sehr deutlich: In einem Unternehmen, das sowohl in der Ukraine als auch in Russland Niederlassungen hat, wurden die russischen Mitarbeiter angefeindet. Die Unternehmensleitung machte deutlich, dass sie eine klare Haltung zum Angriffskrieg hatte, und gleichzeitig auch eine klare Position zu ihren russischen Beschäftigten vertrat – ihnen vertraute und sich vor sie stellte.

Wichtige Frage: Wenn derartige Debatten den Arbeitsplatz erreichen – wer ist dann für die Moderation der aufkommenden Konflikte zuständig? Normalerweise würde man sagen: Die Führungskraft. Was aber passiert in Unternehmen, die mehr und mehr auf die Hierarchie verzichten? Überlassen sie die Regelung der Konflikte den Teams? Das könnte problematisch werden. Also braucht man Menschen, die über die entsprechenden Kompetenzen verfügen, aber die im Zweifelsfall auch mit den notwendigen Mitteln ausgestattet sind. Und man braucht die entsprechenden „Diskursräume“.

Umgang mit Konflikten üben

Ich denke, das ist auch in Organisationen, die stärker hierarchisch aufgestellt sind, nicht anders. Dort könnten die Führungskräfte zwar dank ihrer Position eingreifen, die meisten werden aber eher hilflos vor den Auseinandersetzungen stehen. Dazu passt die Erkenntnis aus der Umfragen, dass Unternehmen, die in der Vergangenheit gut darin waren, Konflikte zu bearbeiten, auch mit den polarisierenden Debatten besser klarkommen. Wohl dem, der dafür sorgt, dass die Menschen in seiner Organisation über „Konfliktregulationskompetenz“ verfügen oder zumindest wissen, wohin sie sich im Bedarfsfall wenden können.

Noch einmal zurück zur Rolle von Organisationen: Wer nun eher zu dem Schluss kommt: Wir konzentrieren uns ganz auf den Zweck unseres Unternehmens, unterbinden die gesellschaftlichen Debatten und vermeiden die „Trigger-Themen“, wird sich damit kaum „schützen“ können. In einem Fall musste ein neuer CEO erfahren, dass er wüst anonym rassistisch beschimpft wurde, als er Veränderungen ankündigte – hier ist die Rede von einem „umgeleiteten Konflikt“. Die Widerstände gegen das Vorhaben machten sich auf höchst unschöne Art bemerkbar.

Zum anderen: Die Arbeitsbedingungen in Unternehmen beeinflussen die Haltung der Beschäftigten offenbar auch in anderen Bereichen. Dort, wo Menschen mit der Bezahlung unzufrieden sind, wo sie wenig Mitspracherechte haben und sie sich unfair behandelt fühlten, findet man überdurchschnittlich häufig negative Einstellungen zur Demokratie und zu Zugewanderten.

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Johannes Thönneßen

Dipl. Psychologe, Autor, Moderator, Mitglied eines genossenschaftlichen Wohnprojektes. Betreibt MWonline seit 1997. Schwerpunkt-Themen: Kommunikation, Führung und Personalentwicklung.

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