4. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Gerechtigkeitsbuchführung

PRAXIS: Konflikte haben oft Ursachen, die weit in der Vergangenheit liegen. Wenn dann plötzlich unterschiedliche Interessen aufeinander stoßen, brechen alte Verletzungen auf, die ihren Ursprung in dem Gefühl haben, ungerecht behandelt worden zu sein. Jeder hat für sich eine Bilanz erstellt, in der er schlecht weg kommt. Diese Methode macht die Bilanz transparent.

Sie nennt sich Gerechtigkeitsbuchführung und stammt von Boszormenyi-Nagy (Elder Mediation: Das einzig Stabile ist der Wandel). Vor allem bei Familienkonflikten kann man sich das Problem lebhaft vorstellen. Über Jahre hat sich Ärger aufgestaut, weil sich jemand von den Eltern gegenüber dem Bruder benachteiligt fühlt und dieser das gleiche Gefühl hat. Oder der eine kümmert sich jahrelang um die Eltern und sieht sich am Ende betrogen, weil beide gleich viel erben. Ähnliches dürfte sich auch zwischen Partnern abspielen, wenn die Trennung verhandelt wird. Und vermutlich erleben auch Nachbarn, die sich über viele Jahre kennen und nun Streit haben oder Freunde, die gemeinsam ein Unternehmen gegründet haben, das nun vor einem Wendepunkt steht, Ähnliches.


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Ein Ausflug in die Vergangenheit

Bei der Methode werden die Konfliktparteien gebeten, sich auf einen Ausflug in die Vergangenheit einzulassen. Die Fragen bei Erbschaftskonflikten könnten dann lauten: „Was habe ich von meinen Eltern bekommen? Was habe ich vermisst? Wodurch entstand für mich ein (materieller oder immaterieller) Gewinn? Wo ein Defizit?“ Die Fragen wären bei anderen Konstellationen ähnlich: „Welchen Gewinn habe ich in der Vergangenheit aus der Beziehung gezogen? Wo ist ein Defizit entstanden?“ Wobei immer betont werden sollte, dass hier sowohl materieller als auch immaterieller Gewinn und Verlust gemeint sind.

Dann sammelt der Mediator die Antworten der Parteien am Flipchart. Wobei jede Partei eine Spalte für sich hat, die unterteilt ist nach Plus und Minus. Alle Antworten werden stichwortartig festgehalten.

Im zweiten Schritt werden Übereinstimmungen und Unterschiede herausgearbeitet. Dann wird geschaut, wo Gewinne und Defizite sich ausgleichen durch die Gewinne und Defizite der anderen Seite.

Im Schritt 4 geht es um Begrenzungen. Es wird Defizite geben, wo ein Ausgleich nicht mehr herzustellen ist (z.B. eine entgangene Chance auf eine Stelle mit hohem Status), wo der Mediator der Partei hilft, sich von dem persönlich empfundenen Verlust zu verabschieden.

Schließlich geht es um erste Vorstellungen für einen Ausgleich für die Defizite, die noch offen sind. Dabei wird klar gemacht, dass „immaterielle Werte durchaus mit materiellen verhandelbar sind und umgekehrt“.

(nach: Maria Marshall / Gerlind Martin – Elder Mediation: Das einzig Stabile ist der Wandel. Zeitschrift für Konfliktmanagement, 02/2020, S.62)

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