18. Dezember 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Hart, aber ehrlich

INSPIRATION: Wie wir Sprache nutzen, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen oder eine unerwünschte zu vermeiden, darüber gibt es immer wieder Anlass zu hitzigen Diskussionen – nicht nur beim Thema „Gendern“. Nun äußert sich jemand kritisch zu „rhetorischen Weichzeichnern“, und ich war zuerst irritiert. Dürfen wir doch wieder „alles sagen“?

Aber so meint Henning Beck das nicht in der Wirtschaftswoche (Klartext, bitte!). Es geht ihm mehr um den Versuch, Sprache zu nutzen, um Menschen vor der Realität zu schützen. Oder besser: Vor den unbequemen Seiten der Realität. Beispiele liefert er einige, darunter den Klassiker „Herausforderung statt Problem“ zu sagen. „Suboptimal statt schlecht“, „Potenzial statt mieser Zustand“, „Lernfeld statt schlechte Entscheidung“ oder „Chance statt Krise“.


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Der Ansatz war mal weit verbreitet, ist es vermutlich auch noch. Die Idee war und ist, dass wir durch die positiven Begriff das Denken eher in die Richtung von Lösungen lenken. Wir mögen Herausforderungen, sie motivieren uns. Probleme mögen wir nicht, sie ziehen uns runter. Und wenn jemand sagt, „Unsere Werkstatt ist in einem miesen Zustand!“, dann löst das eher Widerstand oder Resignation aus. Während „Unsere Werkstatt besitzt Optimierungspotenzial“ unser Denken möglicherweise in Richtung eben jenes Potenzials lenkt.

Resilienz fördern?

Was ist also der Nachteil der positiven Umformulierung? Beck meint, wir brauchen resiliente Menschen, die mit Rückschlägen fertig werden. Aber Resilienz entsteht nicht, wenn wir vor Schwierigkeiten abgeschirmt werden. Genau das aber passiert bei der Verwendung der alternativen Begriffe. Also endlich wieder Klartext reden? So wie bei der Apollo-12-Mission, in der auch niemand sagt: „Houston, wir haben eine Herausforderung.“ Das menschliche Gehirn mag es angeblich, wenn wir hart, aber ehrlich die Sachen beim Namen nennen.

Ich bin da nicht so sicher. Oder anders formuliert: Es kommt drauf an. Wenn ein Chefkoch in die Küche kommt und sagt: „Leute, ich habe eine besondere Herausforderung für euch: Wie schaffen wir es, für 40 Leute einen Nachtisch zu produzieren, der wenige Minuten nach der Herstellung in sich zusammenfällt?“, dann finde ich die Formulierung schon gut. Wenn ein Astronaut ein Leck in der Kapsel entdeckt, wäre er schlecht beraten, der Crew zu melden: „Jungs, wir haben da eine besondere Herausforderung vor der Brust.“

Blöd ist immer, wenn man versucht, Sprache manipulativ zu nutzen. Wozu wir vor allem neigen, wenn wir uns vor der emotionalen Reaktion des Gegenübers fürchten. So wie Ärzte manchmal übervorsichtig das Benennen einer schlimmen Diagnose umgehen und damit Hoffnungen wecken, die sich nicht erfüllen lassen. Da bin ich wieder bei Henning Beck und für ein „hart, aber ehrlich“. Und auch hier kommt es vermutlich drauf an …

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