27. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Jahr zur Selbstsorge

INSPIRATION: Wir Menschen werden immer älter und dabei immer gesünder – zumindest in unseren Breitengraden. Da scheint es nur logisch, dass die Frage, wie lange wir arbeiten sollten oder gar müssen, zur Diskussion steht. Zum einen, weil viele von uns schlichtweg fit genug sind und im Alter auch gerne noch etwas bewegen möchten, zum anderen, weil die Rentensysteme an ihre Grenzen stoßen und man sich fragt, wer all die Ruheständler finanzieren soll.

Ein Fall wie der des 69jährigen Japaners Sumitomo Mitsui, der nach dem Ende seiner Managerlaufbahn ein Unternehmen gründete, das nicht brennbare Lithium-Ionen-Batterien baut und heute, mit 85 Jahren, Chef von 300 Angestellten ist, dürfte zwar außergewöhnlich sein (Unermüdlich in Japan). Aber warum soll jemand mit Mitte 60 nicht noch mal neu anfangen? Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von ca. 80 Jahren dürfte der Satz: „Dafür bin ich doch zu alt!“ ziemlich albern sein.

Lust auf Arbeit oder Ruhestand?

Doch in Frankreich gehen die Menschen zu 100.000en auf die Straße, um gegen ein späteres Renteneintrittsalter zu demonstrieren, und nicht zu Unrecht wehren sich auch viele, die ein lange und hartes Arbeitsleben hinter sich haben, dagegen, nun statt der versprochenen Freizeit länger im Beruf bleiben sollen. Zumal viele immer noch früher als zum eigentlich angesagten Termin gehen (können), andere hingegen ihre Lebensplanung in Gefahr sehen. Beides ist schräg. So manch eine, die ich kenne, könnte noch etliche Jahre aktiv sein, anderen wünsche ich, dass sie endlich die Dinge tun könnten, von denen sie schon lange träumen.

Und da wird dann deutlich, wo das Problem liegt:

Arbeit ist nicht gleich Arbeit, und „das derzeitige Modell von Erwerbsarbeit funktioniert nicht“. („Es geht um persönliche Entwicklung und Entfaltung, um Möglichkeiten der Umorientierung“). Der Satz stammt von einer Soziologin, die selbst verrentet ist und heute (mit 71 Jahren) freiberuflich tätig ist. Sie hat mit Kollegen das „Optionszeitenmodell“ entwickelt. Danach soll das Berufsleben entzerrt werden, indem jedem Menschen sechs Jahre für Pflege und Betreuung sowie ehrenamtliche Tätigkeiten zur Verfügung stehen sollten, zwei Jahre für die eigene Weiterbildung und ein Jahr für Selbstsorge. All das müsste irgendwie zentral verwaltet werden, was ziemlich utopisch klingt.

Die Qualität des Lebens hat gelitten

Dahinter aber steckt die Erkenntnis, dass die Qualität des Lebens, speziell das vieler Familien, sehr gelitten hat. Der Weg zurück zu den Zeiten, in denen es selbstverständlich war, dass die Gesellschaft nur deshalb funktionierte, weil extrem viele Tätigkeiten unbezahlt geleistet wurden – Stichwort Pflege von Kindern und Angehörigen, Haushalt, Ehrenamt – scheinen vorbei zu sein, aber dass sie wie andere Aufgaben bezahlt werden, ist ebenso unrealistisch. Nur funktioniert dann das Vollzeit-Modell nicht mehr. Was viele Familien dadurch zu lösen versuchen, indem beide Partner Teilzeittätigkeiten nachgehen, aber den Rest des Lebens darum herum organisieren müssen.

Würde es die oben beschriebene Möglichkeit geben, in bestimmten Lebenssituationen die „eigentliche“ Arbeit ruhen zu lassen (was mit der Elternzeit ja schon möglich ist), sähe das anders aus. Ob das bezahlbar ist? Könnte durchaus sein, dass eine Menge an Kosten, die das derzeitige System verursacht, eingespart werden könnten, aber die Skepsis ist verständlich.

Vielleicht müssten sich die Arbeitsbedingungen noch viel radikaler ändern. Wenn Arbeit an der Gesellschaft, die viele ehrenamtlich leisten, einen anderen Stellenwert hätte? Wenn diejenigen, die körperlich hart arbeiten (und dabei oft weniger verdienen), früher in Ruhestand gehen könnten? Vielleicht wird ja auch der technische Fortschritt noch einmal alles auf den Kopf stellen – könnte ja sein, dass immer mehr schwere Arbeit von Maschinen bewältigt wird und wir dann ohnehin überlegen müssen, wofür man noch Menschen braucht. So viel ist klar, das Problem ist extrem komplex.

Die Zeitrechnung ändern

Mir hat eine Idee sofort sehr gut gefallen: Wenn man schon von Arbeitszeitverkürzung spricht: Warum ändert man dann nicht unser komplette Zeitrechnung? Das klingt nun extrem utopisch, aber mal im Ernst: Warum gehen wir einfach davon aus, dass eine Sieben-Tage-Woche gesetzt ist? Was wäre, wenn man fünf Tage arbeiten würde und dann fünf Tage frei hätte – also praktisch eine Zehn-Tage-Woche einführte (Zehn-Tage-Woche statt Peter-Pan-Prinzip)? Auch das wäre eine deutliche Entzerrung der Arbeitszeit. Wir würden heute weniger Zeit im Job verbringen und könnten dies vermutlich entspannt hinten anhängen. Und unsere Zeit genießen in einem Alter, in dem wir vielleicht viele Dinge noch umsetzen können, was später nicht mehr so einfach möglich ist.

Anders als bei dem Optionszeitenmodell müsste man nur den Kalender ändern. Wenn’s weiter nichts ist. Wobei es ja noch eine viel schlichtere Lösung für das Problem gibt: Würden wir Arbeit so gestalten, dass die Menschen ihr gerne nachgehen – aber das ist vermutlich noch utopischer.

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