INSPIRATION: In Zeiten des Homeoffices überfällt das eine oder andere Management dann doch Zweifel, ob es so sinnvoll ist, teure Fachkräfte ins Ausland zu entsenden. Der Aufwand ist groß, die Kosten sind hoch, und in Sachen Karriere hilft es den Entsendeten auch oft nicht weiter. Wie wird das wohl nach Corona weitergehen?
Nachdem einige Unternehmen ihre Expatriates in einer konzertierten Aktion heimgeholt haben, weil es eben wenig Sinn ergibt, wenn diese aus dem Homeoffice in Singapur arbeiten, lautet die Frage, was aus den Entsendungen in Zukunft wird. Die Antwort findet sich in einem Artikel der Wirtschaftswoche (Homeoffice in Singapur? Unnötig!). Sie lautet: Einen Teil der Arbeit von zu Hause verrichten, dann per Geschäftsreise ins Ausland, dann wieder einen Tag in der Heimat verbringen.
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Das ist jetzt ökologisch nicht so wirklich sinnvoll, hat aber eine Reihe von Vorteilen: Der Manager muss nicht samt Familie umziehen, bezieht kein deutlich höheres Gehalt oder hat komplizierte Verträge. Bei Siemens Healthineers soll Erstaunliches gelungen sein: Die 14 Milliarden schwere Übernahme eines amerikanischen Konkurrenten wurde gestemmt, ohne dass ein einziger Manager nach Übersee gereist ist. Da klingt an, dass selbst die vielen Geschäftsreisen nicht wirklich nötig sind.
Globale Teams virtuell führen
Bedeutet: Es kommt in Zukunft nicht mehr darauf an, vor Ort in einer fremden Kultur mit lokalen Mitarbeitern erfolgreich zusammen zu arbeiten, sondern es geht darum, globale Teams vorwiegend virtuell zu führen.
So ganz mögen die Verantwortlichen in den Konzernen das noch nicht glauben. Interessantes Argument: Schließlich steht ja in den Richtlinien, dass eine Voraussetzung der Karriere bis an die Spitze die Leitung einer Landesorganisation ist. Kennt man: Wer es zu etwas bringen will, muss im Ausland gewesen sein. Wobei (siehe oben) ein Auslandsaufenthalt nicht automatisch bedeutet, dass man aufsteigt. In Abwesenheit können sich Dinge tun, die man nicht mitkriegt, und schwups, ist der Kollege zu Hause an einem vorbeigezogen.
Und auf der Hinterbühne …
Da stimmt also etwas mit den Richtlinien nicht so ganz, mein Verdacht ist, dass hier der Klassiker geschieht: Der Personalentwickler denken sich „Karrierepfade“ aus, und da macht sich so ein Auslandsaufenthalt immer gut. Den kann man wenigstens gut dokumentieren. Auch wenn danach nicht mehr viel passiert: Wenn dann mal jemand einen hohen Posten bekleiden soll, kann man stets darauf verweisen, dass er seine Zeit in Asien oder Südamerika verbracht hat und so zumindest dieses Kriterium erfüllt.
Und dann gibt es natürlich auch noch eine Menge wichtiger Menschen, die solche Auslandsaufenthalte planen, organisieren und die Entsendeten betreuen. Sie müssen schließlich auch mit Arbeit versorgt werden. Was macht man mit ihnen, wenn die Manager in Zukunft in der Zentrale oder gar zu Hause sitzen und ihr globales Team per Videokonferenz führen?
Und die Betroffenen? Ihr Interesse an einem Job im Ausland ist nach wie vor hoch, und das Interesse hat im Laufe der Pandemie angeblich noch einmal stark zugenommen. Das wiederum spricht natürlich für das vertraute Expatriate-Verfahren: Wer guten Nachwuchs gewinnen will, sollte dergleichen im Programm haben. Was vermutlich dazu führt, dass es in Zukunft sehr unterschiedliche Varianten der Führung von Mitarbeitern im Ausland geben wird …