INSPIRATION: Im Rahmen einer Langzeitstudie (Prospektive Kieler Longitudinalstudie) wurden hocheskalierte Konflikte betrachtet, bei denen Mediation zum Einsatz kam. Die Autoren in der Zeitschrift für Konfliktmanagement (Dauerhaftigkeit von Mediationsvereinbarungen) haben die Parteien, die an 303 zivilrechtlichen Streitigkeiten, die vor einem Amts- und einem Landgericht gelandet waren, zu unterschiedlichen Zeitpunkten befragt.
Teilgenommen haben die Streitparteien, Rechtsanwälte und Mediatoren, wobei nicht alle an allen Zeitpunkten (vor der Mediation, unmittelbar danach und ein Jahr später) mitgemacht haben. Hier ein Auszug aus den umfangreichen Ergebnissen, die sich auf unterschiedliche Faktoren beziehen:
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- Ergebnisgerechtigkeit: Knapp 53% der Parteien hielen das Ergebnis auch nach einem Jahr noch für gerecht, 47% allerdings nicht.
- Langzeitzufriedenheit: 64% waren mit den Ergebnissen immer noch sehr zufrieden, 12% eher mittelmäßig und 24% weniger.
- Vertragstreue: Hier wurde gefragt, ob sich die Gegenpartei an die Vereinbarungen gehalten hat, und siehe da: Bei 76% war das der Fall, in 24% nicht. Bei knapp 23% mussten Ansprüche zwangsweise durchgesetzt werden.
- Lebensqualität: 76% der Parteien waren allgemein mit ihrer Lebensqualität zufrieden, ein Jahr später waren es 82%.
- Verbesserung der Beziehungen: Bei 30% hatte sich der Wunsch nach verbesserten Beziehungen erfüllt (wobei das vermutlich auch stark von der Art des Konfliktes zusammenhängt – z.B. bei Nachbarschafts-, Familien- und Mietkonflikten)
- Zeit- und Kostenersparnis: Bei 73% hatten sich die Erwartungen in Sachen Zeit- und Kostenersparnis erfüllt.
- Konfliktfähigkeit: 40% glauben nach einem Jahr, dass sie aufgrund der Mediation nun besser mit Konflikten umgehen können, 32% meinten, den Konflikt und sich selbst besser verstehen zu können.
Erfolgreich?
Wem das nicht allzu erfolgreich vorkommt, der sollte berücksichtigen, dass die meisten Verfahren (92%) in einer einzigen Sitzung abgeschlossen wurden, davon 12% in nur einer Stunde und 37% in drei Stunden.
Untersucht wurde aber nicht nur, welche Veränderungen stattfanden, sondern auch, von welchen Faktoren diese abhängig waren, z.B. Persönlichkeitseigenschaften und Prozessqualitäten. Nicht weiter verwunderlich: Eigenschaften und Einstellungen haben einen Einfluss, so z.B. Informiertheit über die Methode, Offenheit und Kooperationsbereitschaft (positiv) und emotionale Irritierbarkeit und Unverträglichkeit (negativ). Auf Seiten des Prozesses helfen Wertschätzung, gute Kommunikation und gute Beziehungen – auch da sind wir nicht sonderlich überrascht. Der Streitwert (meist unter 50.000 Euro) spielte keine Rolle.
Und die Konsequenzen? Mediatoren sollten ungünstige Persönlichkeitseigenschaften kennen und berücksichtigen (z.B. durch Kooperation mit Psychologen), die Vertragseinhaltung könnte durch langfristige Nachbetreuung unterstützt werden. Hier ist sogar die Rede von Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Verbraucherschutz, wie sie z.B. im Psychotherapeuten-Gesetz zur Anerkennung von einzelnen Verfahren verankert sind.
Ich bin ehrlich gesagt schon verwundert, dass nach einmaligen Mediationsverfahren überhaupt Einigungen möglich sind, was wohl mit den drohenden Alternativen, nämlich Verhandlung vor Gericht, zu tun hat. Ob die Ergebnisse auf andere Konstellationen übertragbar sind?