20. Mai 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Macht und Coaching

KRITIK: Führungskräfte sind mit Macht ausgestattet, wenn sie diese einsetzen, erzeugen sie Widerstand. Grund genug, im Coaching „behandelt“ zu werden. Erst recht in Zeiten, in denen viele Führungspositionen in Frage gestellt werden und agile Formen die Hierarchie ersetzen sollen.

Der Coach ist dabei nicht dafür da, die Machtposition des Coachees zu „retten“, indem er ihm dabei hilft, sich „mikropolitisch aufzurüsten“. Nach Falko von Ameln (Macht und Ethik im Coaching) sollten Coachs sich der folgenden Leitmaximen verpflichtet fühlen, die im Umgang mit Macht aus ethischen Gesichtspunkten entscheidend sind:


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  1. Führungskräfte sollten sich als Dienerin der Organisation verstehen. Soll heißen: Beim Einsatz von Macht sollte klar sein, dass diese dem Organisationsinteresse dienen muss und keinesfalls dem Eigeninteresse. Beides trennen zu können, sollte Ziel des Coachings sein.
  2. Führungskräfte sollten vor allem Gestaltungsmacht nutzen und deren soziale Grundlagen pflegen. Die Idee dahinter: Wem es gelingt, andere dazu zu bringen, ihm Macht zu verleihen, sprich: Ihm freiwillig zu folgen, der kann auch gestalten und Sinn stiften. Führungskräfte sollten also Prozesse steuern, und zwar so, dass die Menschen ihnen gerne folgen.
  3. Führungskräfte sollten sich die verborgenen Formen der Macht bewusst sein. Gerade in der neuen Welt, in der Hierarchie abgebaut wird, gleichzeitig aber eine neue Leistungskultur entsteht mit der Folge, das Privat- und Berufsleben miteinander verschmelzen und die Menschen angehalten werden, für ihre Arbeit „zu brennen“, wirken neue Mächte, die es gilt zu thematisieren und mit denen sich Führungskräfte auseinandersetzen sollten.

Nachvollziehbar? Sicher. Der Beitrag im Coaching-Magazin setzt sich vor diesen ethischen Empfehlungen für Coachs noch intensiver mit dem Begriff und den Formen von Macht auseinander. Ich tue mich schwer damit, aus folgendem Grund:

Macht, so die Definition, hat derjenige, der mehr Möglichkeiten hat, seine Ziele in Gruppen durchzusetzen. ABER: Zwang und Druck sind kein Zeichen von Macht, heißt es. Macht hätte nur derjenige, dem andere freiwillig folgen und die seine Machtposition nicht in Frage stellen. Alles andere ist Machtmissbrauch und eher ein Zeichen von Machtlosigkeit.

Nimmt man das wörtlich, dann hat eine Führungskraft, die mit Abmahnungen und Gehaltskürzung droht, eigentlich gar keine Macht. Diejenige, deren „Anweisungen“ hingegen aus Überzeugung und ohne Erleben von Druck befolgt werden, sind die wahrhaft Mächtigen.

Später heißt es: Wenn Führungskräfte Menschen überzeugen, ohne mit Sanktionen zu drohen zu müssen, dann würde man eher von „Einfluss“ statt von Macht reden, und das sei auch zu empfehlen.

Das ist eine seltsame Geschichte, oder? Wenn ich also jemand bitte, etwas zu tun, und er folgt meiner Bitte, dann übe ich Einfluss aus. Wenn mehrere Menschen meinen Empfehlungen gerne folgen, dann verleihen sie mir aber Macht? Logisch ist was anderes…

Unabhängig von dieser theoretischen Diskussion: Fest steht, dass Führungskräfte die Macht von oben verliehen bekommen, sie geht einher mit Statussymbolen und der Ausstattung mit Sanktionsmitteln. Fakt ist auch, dass in informellen Strukturen Ähnliches passieren kann: Eine Gruppe kann, formell oder informell, einem Mitglied mehr Macht einräumen als anderen, und dann wird aus Einfluss auch Macht. Ein informeller Führer, der keine offiziellen Sanktionsmittel hat, kann dennoch auf einzelne Druck ausüben oder auch auf die ganze Gruppe – indem er z.B. mit Rücktritt droht.

Und dann liegt es an der Gruppe, ob sie dieses Spiel mitspielt. In Hierarchien haben Gruppe oder Teams in der Regel nicht die Möglichkeit, auf ihre Führungskraft zu verzichten, das scheint mir der zentrale Unterschied zu sein.

Wie auch immer: Im Coaching schadet es sicher nicht, wenn Macht und Einfluss thematisiert werden und dabei gewisse ethische Forderungen deutlich gemacht werden.

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Johannes Thönneßen

Dipl. Psychologe, Autor, Moderator, Mitglied eines genossenschaftlichen Wohnprojektes. Betreibt MWonline seit 1997. Schwerpunkt-Themen: Kommunikation, Führung und Personalentwicklung.

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