8. Mai 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Echt jetzt?

INSPIRATION: Goldstandard der Führung – oder Blödsinn? Die Forderung nach authentischer Führung geistert schon seit etlichen Jahren durch die Gazetten. Welcher Platz kommt der authentischen Führung im Führungsstil-Zoo zu?

Machen wir doch gleich die Probe aufs Exempel, meint Autor Ralf Lanwehr (Authentische Führung), seines Zeichens Psychologe und Professor für Management an der Fachhochschule Südwestfalen. Und stellt die Gegenfrage: Was soll denn so schlecht sein an nicht-authentischer Führung? Sind wir nicht alle – so seinerzeit schon der Soziologe Erving Goffman – Rollenspieler? Und geht es in der Praxis auch gar nicht anders (Drama – aber richtig)?


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„Der ganze Dienstleistungssektor ist voll von mangelnder Authentizität,“ so der Psychologe Lanwehr. Was sich provokant anhört, erscheint bei näherer Betrachtung mehr als sinnvoll: Was wäre, wenn mich der Zahnarzt, zu dem ich mich mit höllischen Schmerzen quäle, nicht behandeln will, weil ich ihm unsympathisch bin? Wäre das nicht furchtbar? Erwarten wir in der Dienstleistung nicht zurecht ein professionelles Rollenmanagement? Und eine Beziehungsarbeit, die gut zwischen Nähe und Distanz balancieren kann? Es wäre vermutlich mehr als unangenehm, wenn mich der Zahnarzt – Schwenk der Perspektive um 180 Grad – mehr als sympathisch findet und übergriffig wird, während ich da hilflos in seinem Behandlungsstuhl liege. Und – ich schwenke die Optik wieder um 180 Grad zurück – der Zahnarzt benötigt auch ein kompetentes Emotionsmanagement, die Wahrnehmung meiner Schmerzen darf ihn nicht überwältigen, so dass er handlungsunfähig wird. Andererseits würde ihn ein ständiges Pokerface auch nur in die emotionale Dissonanz stürzen und dem Burnout Tür und Tor öffnen? Genau das sind wichtige Aspekte der Dienstleistungspsychologie, die sich meiner Beobachtung nach in unserer Dienstleistungsgesellschaft noch zu wenig herumgesprochen haben.

Rollenspieler, die wir sind

Authentisch – was soll das genau sein? Wir agieren doch immer in verschiedenen Rollen: Sind mal Vater, mal Passant, mal Patient, mal Kunde. Gibt es dafür einen Normwert? Oder ist das nicht immer relativ? Auch kulturell könnte man da leicht Beispiele für anführen: „Immer nur lächeln“ heißt es in der Operette von Franz Lehár, die im Jahre 1912 in Wien und Peking spielt. Es gibt keinen kulturfreien menschlichen Raum. Auch die Erkenntnisse der interkulturellen Psychologie sind inzwischen beachtlich – wenn ebenfalls noch nicht so bekannt wie sie es verdient hätten.

Manche versuchen es daher mit einer Reformulierung von authentisch als wertorientiert oder transformational. Doch solches wirft mehr Fragen auf, als es beantworten kann. Autor Lanwehr berichtet zudem von gravierenden wissenschaftlichen Zweifeln an empirischen Studien zum Konzept. „Es ist halt schwierig, ein Konzept wie Authentizität als tollen Führungstrend zu hypen, wenn sich sehr viele Bösewichte aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik als ausgesprochen authentisch entpuppen.“ Wofür ist das Konzept der Authentizität dann gut? „Keine Ahnung,“ sagt Autor Lanwehr. „Es ist bloß eine Luftblase.“

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