INSPIRATION: Der Zusammenhang ist einleuchtend: Wenn das, was wir täglich am Arbeitsplatz tun, dazu angetan ist, unsere wichtigsten Bedürfnisse zu erfüllen, dann geht es uns gut. Also täten wir doch gut daran, erst einmal zu schauen, wie denn so die persönliche Motivationsstruktur der Kollegen ist, ehe man Veränderungen in Sachen Selbstorganisation vornimmt.
Das scheint mir die Kernaussage eines Beitrags in der Personalführung zu sein (Im Zentrum steht die Selbstorganisation). Darin wird behauptet, dass vor allem vier Grundbedürfnisse einen Einfluss auf „Leistungskraft, Selbstorganisation und menschliche Gesundheit im Arbeitskontext“ eine Rolle spielen: Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit, nach Gestaltbarkeit, nach Verstehbarkeit und nach Sinnhaftigkeit. Daneben gibt es dann noch sehr individuelle Unterschiede in den Dingen, die Menschen wichtig sind.
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Soll wohl heißen: Wie auch immer man die Sache mit der Selbstorganisation angeht – man muss dafür sorgen, dass so etwas wie Gemeinschaft möglich ist, die Mitarbeiter Gestaltungsspielraum haben, Klarheit über die Ziele und Aufgaben besteht und ihnen der Sinn dessen, was sie tun, deutlich ist. Verstehe ich das richtig: In Organisationen, in denen Selbstorganisation keine besondere Rolle spielt, kann man diese Bedürfnisse getrost vernachlässigen? Ist wohl nicht so gemeint. Sondern eher so, dass diejenigen, die in streng hierarchischen Organisationen arbeiten, nicht unbedingt damit rechnen sollten, dass dort besondere Rücksicht auf diese Bedürfnisse genommen wird …
Zwei Fallbeispiele
Anhand von zwei Erfahrungsberichten zeigen die Autoren, wie konkrete Unternehmen diese Erkenntnisse bei der Förderung von Selbstorganisation berücksichtigt haben. Bei Detect Value, einem IT-Unternehmen mit 25 Mitarbeitern, ist Mitgestaltung ausdrücklich gewünscht, „im Alltag wird diese jedoch sehr unterschiedlich angenommen“. Bedeutet wohl, dass man nicht ganz zufrieden war mit dem Engagement der Mitarbeiter.
Also haben sich erst einmal die Führungskräfte mit ihren persönlichen Werten und Bedürfnissen beschäftigt (ich vermute mithilfe eines entsprechenden Fragebogens). Dann haben alle Mitarbeiter ihr persönliches Motivationsprofil erstellt, erst einmal anonym ausgewertet, aber dann freiwillig offengelegt. So erfuhr man, wie man selbst und die anderen ticken, was jedem mehr oder weniger wichtig ist. Im nächsten Schritt wurden „Job-Fit-Analysen“ erstellt, es wurde so ermittelt, wie die individuellen Bedürfnisse und die Anforderungen der Stelle zueinander passen. Auf dieser Basis haben zuerst die Führungskräfte eine neue Aufgabenverteilung vorgenommen, dann wurde für die Mitarbeiter ein Kompetenzmodell entwickelt. Wie es genau weiter ging und was das gebracht hat, bleibt hier unklar. Ist wohl eher Werbung für das Tool.
Visionsreise
Einen anderen Weg ging die Niederlassung Lilly Deutschland des Pharmakonzerns Eli Lilly mit 800 Mitarbeitern. Hier wollte man mehr Selbstorganisation, Einbindung in Entscheidungen, mehr Menschlichkeit, mehr Kundenorientierung sowie mehr Nachhaltigkeit. Das Management begab sich auf eine Visionsreise und kam zu der Erkenntnis, dass es Menschlichkeit innerhalb und außerhalb des Unternehmen fördern wollte. Mit der Erwartung, dass sich dies letztlich auf die Zufriedenheit sowohl der Mitarbeiter als auch der Kunden auswirken würde.
Dazu forderte man dann die Mitarbeiter auf, Ideen einzureichen, die dann zu 20 Themen gruppiert wurden. Diese wurden in Workshops bearbeitet, zu denen sich die Mitarbeiter freiwillig melden konnten. Hieraus entstanden ca. zwei Dutzend selbstorganisierte Teams, denen man zur Unterstützung Entscheidungsleitlinien an die Hand gab. Ansonsten aber waren sie frei in der Art sich zu organisieren. Das hat wohl so gut geklappt, dass es inzwischen erste Experimente mit Teams im Unternehmen gibt, die ohne direkte Personalführung auskommen, sprich: In denen es keinen Vorgesetzten gibt.
Wirtschaftlich hat sich die Sache wohl auch gelohnt, die Umsatzziele für 2020 wurden schon 2018 erreicht. Was lernen wir aus all dem? Es gibt viele Wege, Menschen stärker einzubinden. Ob man dafür individuelle Motivationsprofile von Teammitgliedern erstellt oder die Menschen selbst entscheiden lässt, wofür sie sich engagieren, ist sicher auch eine Frage des Menschenbildes. Spannend sind beide Wege.