INSPIRATION: Gewundert hat es mich schon immer: Einerseits sollen Gründer heutzutage vor allem einen Prototypen entwickeln, am Markt testen und durch Versuch und Irrtum herausfinden, was funktioniert. Andererseits wird an den Businessschulen gelehrt, wie man einen Businessplan schreibt. Braucht man eine Strategie als Gründer? Etwas ungwöhnlich: In einer Ausgabe des HBM wird in einem typisch amerikanischen Beitrag erklärt, wie man zur richtigen Strategie findet, und eine Seite weiter erklärt ein Wissenschaftler, warum das Unsinn ist.
Also: Es gibt richtige Strategien, sagen die einen. Sie haben sich erfolgreiche Start-ups angeschaut und erklären, dass es vier Grundansätze für eine wirkungsvolle Strategie gibt (Strategie für Start-ups). Nur der Vollständigkeit halber seien sie hier kurz vorgestellt. Sie basieren auf zwei Prinzipien: Kooperation oder Konkurrenz (also suche ich mir Partner, z.B. große Firmen, oder baue ich mein eigenes Geschäft auf und versuche, andere zu verdrängen) und Abschirmen oder Angreifen (schütze ich meine Ideen, z.B. durch Patente und entwickle sie so weit, dass ich nicht mehr zu imitieren bin oder bringe ich sie schnell auf den Markt und versuche, mich durchzusetzen).
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4 Strategien
Aus diesen zwei Prinzipien lassen sich vier Strategien ableiten, unter diesen können Start-ups wählen und danach planen:
- Geistiges Eigentum (die Kombination aus Abschirmen und Kooperation)
- Wertschöpfungskette (die Kombination aus Angreifen und Kooperation)
- Disruption (Kombination aus Konkurrenz und Angreifen)
- Architektur (Kombination aus Konkurrenz und Abschirmen)
Natürlich finden die Autoren für alle vier Strategien erfolgreiche Beispiele und suggerieren, dass man mit der Hilfe dieses „Strategiekompass“ ein „Framework“ (auch so ein beliebter neuer Beraterbegriff) zur Verfügung habe, der einem Start-up hilft, Entscheidungen zu treffen.
Genau das bezweifelt Carl Schramm in seinem Beitrag (Vergesst die Strategie). Warum? Weil all diese Empfehlungen auf einzelnen Fallbeispielen basieren und keineswegs auf Langzeituntersuchungen. Den Grund sieht er unter anderem darin, dass die Business-Schulen eine neue pädagogische Übung erfunden haben: Das Schreiben von Businessplänen für imaginäre Start-ups. Es gibt sogar Wettbewerbe für die besten Geschäftspläne. Dahinter steckt der allzu verständliche Wunsch, Dinge zu planen, im Griff zu haben, Risiken zu minimieren.
Aber genau das ist ein Trugschluss. Daran können auch die „modernen“ Ansätze für Geschäftspläne nichts ändern. Ob ich nun einem klassischen Muster folge oder in Business-Model-Canvas „Geschäftsgemälde“ erstelle, die Logik ist laut Schramm stets die gleiche: Ein Schritt folgt dem nächsten, das Ergebnis ist ein linearer Planungsprozess. Als ob ein Start-up-Erfolg wirklich solchen Plänen folgt. Selbst wenn sich für die verschiedenen Strategien Beispiele finden lassen: Vermutlich haben all die erfolgreiche Unternehmen keine dieser Pläne angewandt. Mehr noch: Es gibt sicher keine Aufzeichnungen darüber, wie erfolglose Start-ups vorgegangen sind. Ob sie solche Pläne hatten?
Die Alternative? Eben doch Trial-and-Error. „Statt vorliegende Daten zu analysieren, kreieren Menschen neue, eigene Daten.“ Und entscheiden dann jeweils neu, je nach Kundenreaktion. Fazit also: „Entwickeln Sie ein neues Produkt und bieten Sie es an.“ Dann sieht man, ob Kunden es kaufen und wie viel sie bereit sind dafür zu bezahlen. So einfach ist das? Vielleicht wirklich …